13. März 2015

Mordversuch und Aufklärung unter Hypnose

Hypnose soll helfen, wenn das Gericht nicht weiter kommt. Angefangen hat alles harmlos, dann kam ein Streit und am Ende hat jemand ein 17 cm langes Messer im Rücken. Die Täterin kann sich nicht erinnern, sagt sie. Es ist eine Tat wie aus einem Hollywood-Thriller. Geschehen an Sylvester. Und kann hier Hypnose wirklich helfen? Zeit, für eine fachliche Antwort:

Kurz der aktuelle Anlass

An Sylvester besuchte jemand seine Bekannte, angeblich brachte er Alkohol mit. Anschließend haben wir bei ihr eine Gedächtnislücke und bei ihm (lebens-)gefährliche Verletzungen:


Damit war es nicht zu Ende:


Zwischen den Aussagen gibt es offiziell Erinnerungslücken. Falls da nichts kommt, soll Hypnose eingesetzt werden, um  diese Lücken schließen.

Was ist dazu nun zu sagen?

Hypnose greift auf den Teil von Informationen in unserem Gehirn zu, zu dem wir keinen bewussten Zugang haben. Deshalb ist es möglich, bisher unzugängliche Erinnerungen wieder hervorzurufen, aber:


Es darf im Unterbewusstsein kein wichtiger Grund dagegen stehen.



Die Arbeitsweise des Unterbewusstseins ist darauf ausgelegt, uns vor Gefahr zu schützen. Egal, ob wir einer objektiven Gefahr gegenüberstehen oder nur meinen, in eine gefährliche Situation zu kommen.

Wenn wir glauben, dass hinter der Tür eine giftige Schlange ist, dann bekommen wir Angst. Die Angst bleibt, solange wir nicht wissen, ob das stimmt. Das Unterbewusstsein kann nicht kontrollieren, ob da wirklich eine Schlange ist. Zur Sicherheit produziert es deshalb Angst. Denn die hält einem ab, sich der möglichen Gefahr auszusetzten.


Deshalb ist hier die Frage: Gibt es einen wichtigen Grund, sich nicht an die Dinge zu erinnern? 

Wir befinden uns in einer Gerichtssituation. Wenn wir uns selbst belasten, müssen wir mit Konsequenzen rechnen: Strafe. Selbst wenn ein Geständnis strafmindernd sein soll, kommt etwas Unangenehmes: Gestehen, dass man schuldig ist. Dabei ist nicht die Juristerei die Gefahr, sondern das eigene Selbstbild.

Gestehen zu müssen (vor sich selbst), dass man nicht der Mensch ist, der man sich vorgestellt hat zu sein, sondern jemand, der einen anderen niedersticht (aus einem moralisch nicht anerkennenwerten Grund), ist wenig aushaltbar. Wir Menschen halten schon geringere Dinge, die gegen unser Selbstbild sind, nicht aus.


Wir sind meistens so gestrickt, das ist nicht Verwerfliches. Aber in unserem Fall kann es für Hypnose hinderlich sein. Auch eine moralische Abwertung ist eine Gefahr und entsprechend produziert das Unterbewusstsein, wenn wir moralisch angegriffen werden, Widerstand.

Es kommt noch etwas hinzu: Es geht hier nicht um die Wahrheit, sondern um Verhalten vor Gericht


Warum sollte ich mich an etwas erinnern, was für mich nachteilig ist (ich muss mich nie selbst belasten vor Gericht!), wenn ich vielleicht besser davonkomme, wenn nicht alles aufgeklärt werden kann?


Wenn diese Überzeugung im Unterbewusstsein vorherrscht, dann ist es natürlich sinnvoll, wenn es "zumacht".

Können diese Hindernisse überwunden werden?

Prinzipiell ja, ob das im jeweiligen Einzelfall möglich ist, ist einfach im Einzelfall zu sehen.

Und wenn der Richter die Hypnose anordnet?

Eines ist in der Fachliteratur klar: Ohne Freiwilligkeit ist in der Hypnose nichts zu erreichen. Es braucht das volle Engagement der Beteiligten.

Mit anderen Worten: Man darf skeptisch sein. Die Bedingungen für die Hypnose sind "suboptimal".

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