Friedrich Merz ist wieder in den Schlagzeilen. Er hat den Geflüchteten aus der Ukraine Sozialtourismus vorgeworfen und ein entsprechendes Vorgehen dagegen gefordert. Ohne einmal näher auf Moral zu setzen, beleuchte ich in Schlaglichtern den Hintergrund dieser Aussage. Das Ergebnis: Das Problem ist wohl nicht Merz.
Nun, Merz hat sich auch entschuldigt, aber für uns ist das nicht der springende Punkt. Warum überhaupt solche Wortwahl? die Antwort ist erstmal ganz einfach: Abwertung von Menschen hat in Deutschland Tradition
Ein Comedian hat einmal auf der Bühne ungefähr so gesprochen:
"Man kann einen Menschen verschiedenartig beschreiben: Körpergröße, Geschlecht, Haarfarbe, sozialer Status, Beruf, Qualifikation, Familienstand, Personenstand, Biografie, Religion, politische Einstellung und vieles mehr. Der Fundamentalist sagt nur: Er ist Moslem."
Im Jahr 1993 schrieb Alice Schwarzer:
"Eine Frau ruft einen Notarzt. Der ist Moslem. Ihr fast tödliches Pech."
Alice Schwarzers manipulative Formulierungen
Zu finden in ihrem Dossier in ihrer Zeitschrift „Emma“. Die "Weibsbilder" aus Köln etwa warfen ihr darauf „rassistische Hetze“ vor.
Die Sozialwissenschaftlerin Daniela Marx analysierte in Margarete Jägers und Jürgen Links Forschungssammelband „Macht – Religion – Politik“ (2006) Schwarzers Publikationen. Ergebnis: Schwarzer wurde genau dann von den Medien akzeptiert, als sie sich der Islamfeindschaft anschloss.
Des weiteren zeigte Marx Verbindungen zwischen Schwarzers verwendete Metaphern über den Islam und bekannte Sprachbilder aus antisemitischen Redewendungen auf. Sätze von Schwarzer wie Islamisten seien „gefährlicher als die Nazis“, weil Islamisten „wirklich im Weltmaßstab“ operierten, während der „deutsche Flächenbrand ... ja noch Grenzen hatte“ sind dabei mehr als nur unglücklich zugespitzte Vergleiche.
Bei diesem Thema kam Patrick Bahners 2011 in seinem Buch "Die Panikmacher" zu den Schluss, dass das "irreführende Zitieren" bei Schwarzer "Methode" habe, will sagen, entweder sie hat die Texte, über die sie schreibt entweder gar nicht gelesen oder nur überflogen.
Daniela Marx fasst zusammen:
Schwarzers Sprache ist „anschlussfähig für ausgrenzende, reaktionäre und rassistische Argumentationen“.
Verfolgt man Schwarzers Weg, dann hat ihr ihre Anschlussfähigkeit an die reaktionäre und rassistische Argumentation nicht geschadet. Der Druck, sich zu entschuldigen, war bei ihr nie da.
Seelenverwandter Wolfgang Kubicki
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki dagegen ruderte 2011 schon zurück. Auf die Spekulationen, dass seine Parteikollegin Birgit Homburger als Staatsministerin ins Auswärtige Amt wechseln könne, hatte er in einem Interview mit Hamburger Filmemacher Stephan Lamby geantwortet, das Auswärtige Amt sei nicht für die Müllentsorgung zuständig, sondern das Umweltministerium. Hier haben wir die verbale Verbindung, Menschen mit Müll zu assoziieren. Kubickis Reaktion war, es sei ihm rausgerutscht, was sein Interviewpartner so nicht stehenließ: "Sie haben sich das genau überlegt. Es hat Ihnen Spaß gemacht." Kubicki hat ihm nicht widersprochen.
Kubkicki könnte man zugute halten, dass er damit indirekt zu seinen Gemeinheiten steht.
Schwarzer instrumentalisiert und arbeitet weiterhin mit Unterstellungen:
"Köln war der große Schock. Danach konnte eigentlich keiner mehr wegsehen und romantisieren. Und gleichzeitig war es immer noch tabu, die Realität zu benennen! Und dann hat sich auch noch herausgestellt, dass die Täter überwiegend Flüchtlinge waren. Und wieder kam das absurde Argument, wenn man das benannte: Das ist Rassismus."
Die Kölner Silvesternacht, von der Alice Schwarzer hier redet, war in Wirklichkeit weder ein Durchbruch der islamistischen Gesinnung noch eine Dominanzerklärung von Geflüchteten. Sie war, das hat die Zeit bewiesen, ein einmaliges Ereignis krimineller Handlungen. Schwarzers Ursachenbehauptung, es müsse sich dabei um Islamisten mit ihrem "tief patriarchalen Strukturen, in denen Frauen völlig entrechtet sind, bei denen der politisierte Islam noch Öl ins Feuer gießt" handeln, kommt ohne Begründung oder Beweisführung aus.
Denn warum Islamismus? Zur Erklärung reicht genug "kriminelle Energie". Und warum muss es Frauenhass sein? Es reicht doch schon, dass das Opfer ausreichend eingeschüchtert und paralysiert wird, weil man es dann um so leichter ausrauben kann. Fauenhass ist nicht notwendig, wenn man erfolgreich stehlen will.
Schwarzer behauptet auch, dass diese Isalmisten der Kölner Silvesternacht den Koran als Leitlinie für ihr Verhalten haben. Also ist der Koran (= Islam) schuld. Was sie verschweigt, ist, dass die Täter der Silvesternacht tatsächlich gegen die Vorschriften des Koran gehandelt haben: Sie waren alkoholisiert und haben fremde Frauen berührt. Und beides ist laut Koran verboten.
Die Kritik an Schwarzer lautete deshalb: So, wie es pauschal und falsch behauptet wird, ist Schwarzers Aussage rassistisch. Schwarzer weicht daraufhin in die Opferhaltung aus, dass ihre Kritiker eben die Realität nicht sehen und diese auszusprechen eben ein Tabu sei. Sie macht sich damit zur Verfolgten. Eine Strategie, die sie politisch mit der AfD und sozial mit Coronaleugner und sonstigen Schwurblern in den sozialen Medien gemeinsam hat.
Auch ließ sie es sich nicht nehmen, andere persönlich zu diskreditieren:
"Bei den Bildern vom Münchner Bahnhof bin ich erstmals nachdenklich geworden. Ich dachte: Da kommen Flüchtlinge, die haben Schweres hinter sich, was gibt es da zu klatschen? Da habe ich gemerkt, dass viele Menschen sich in dieser Attitüde gefielen. Es ging mehr um sie selbst als um die Flüchtlinge. Ein Hauch von Kitsch wehte mich an ...
Anders die SZ:
"Sie werden versorgt von Ärzten, Kinder bekommen Teddybären: Die Flüchtlinge werden ohne lange Wartezeiten in Empfang genommen. Die Helfer klatschen, als die Züge einfahren. Eindrücke vom Münchner Hauptbahnhof."
Selbst BBC, CNN und die New York Times war München einen Bericht wert und diskutierte, wie eine solche Willkommenskultur Deutschlands Image eines aggressiven kriegsbegeisterten Volkes rehabilitiert.
Schwarzer dagegen beurteilt das als reinen Egozentrismus, natürlich auch ohne objektive Grundlage.
Wenn also Schwarzer wirklich noch für Feminismus steht, dann ist dieser sehr nahe an den rechten Rand der Gesellschaft gerückt.
Die Mär von sich als der Verfolgten hat Alice Schwarzer übrigens auch bemüht, als das Finanzamt festgestellt hat, sie habe ihr Geld, das sie in der Schweiz gebunkert hat, nicht gemeldet.
Die faz will auch hetzen
Schwarzer und Kubicki sind nur zwei Aushängeschilder für verbale Entmenschlichung. Hengameh Yaghoobifarah, "Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik" beschrieb in der taz unter dem Titel "All cops are berufsunfähig" Polizisten als Müll, den man am besten auf der Müllkppe entsorgen sollte:
"Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten."
Wie wir sehen: Man kann gleichzeitig gendern und sich inklusiv nennen und gleichzeitig Menschen dehumanisieren. Da hilft dann auch nicht, im Nachhinein alles als Satire zu bezeichnen. Übermedien berichtete über die Verteidigung von Hengameh Yaghoobifarah durch ihre Redakteurin zu diesem Vorfall. Auch sie nimmt dabei laut Übermedien nicht zum Vorwurf Stellung, sondern weicht auf Allgemeinplätze aus. Ignoranz als Verteidigungsstrategie. Lernt man in jedem Kommunikationsseminar bei Thema satanische Kommunikation.
Genau so wie Wolfgang Clement
Es geht auch ein bisschen süffisanter. Wolfgang Clement (SPD), seinerzeit Bundeswirtschaftsminister, war fest überzeugt, dass Sozialbetrug in Deutschland verantwortlich für die steigenden Kosten sei. In "seiner" Broschüre "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, 'Abzocke' und Selbstbedienung im Sozialstaat" 2005 nennt das Ministerium als Beispiel Ibrahim, der in Ludwigshafen Arbeitslosengeld II bezieht, während ihm ein schwarzes BMW Cabrio gehört und der bei der Arbeitsagentur Einnahmen nicht angibt, also Sozialbetrug begeht. Gleich danach folgt der Satz:
"Biologen verwenden für „Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben“, übereinstimmend die Bezeichnung „Parasiten“."
Hier wird also unbestritten ein Mensch mit einem Parasiten in Verbindung gebracht - in einer offiziellen Broschüre des Ministeriums.
Und jetzt kommmt der Trick. Der nächste Satz lautet nämlich:
"Natürlich ist es völlig unstatthaft, Begriffe aus dem Tierreich auf Menschen zu übertragen. Schließlich ist Sozialbetrug nicht durch die Natur bestimmt, sondern vom Willen des Einzelnen gesteuert. Wer den Grundstock seines Haushaltseinkommens bei der Arbeitsagentur oder der für das Arbeitslosengeld II zuständigen Behörde kassiert und im Hauptberuf oder nebenher schwarzarbeitet, handelt deshalb besonders verwerflich."
Wenn es also unstatthaft ist, warum steht dann überhaupt der Satz mit den "Parasiten" da. Das hätte man sich schenken können. Es sei denn, man hat eine andere Absicht damit verfolgt. Aber es ist eine gute Strategie, erst einmal eine Entmenschlichung anzustupsen, um sie dann sofort zu relativieren oder zu behaupten, so etwas zu sagen, ginge nicht. Man hat es also gesagt, nur um glaich darauf zu sagen, man habe es nicht gesagt. Also etwa so:
"Lieber Leser, liebe Leserin, du bist ein Arschlockh. Natürlich ist es unstatthaft, dich mit einer Körperöffnung zu vergleichen, denn du bist ja viel mehr als eine Körperöffnung"!
Böhmermanns hat in seinem Schmähgedicht über Erdogan genau diese Strategie solcher vergifteten Reden demonstriert. Und es wurde eine Staatsaffaire daraus.
Nebenbemerkung Wirtschaft
Aber auch in Unternehmen herrscht nicht selten ein menschnunwürdiger Ton. Das wäre ein eigener Blogbeitrag. Hier erinnere ich nur an ein Urteil des Thüringer Landesgerichts 2001, als der Vorgesetzte seinen neuen Mitarbeiter mit folgenden Worten begrüßte. Und nein, es ist kein Einzelfall:
„Guten Tag Herr F, ich bin Herr M, der Warenbereichsleiter, wie Sie sicherlich wissen, eilt mein Ruf mir voraus, ich habe bisher jedem das Arbeiten beigebracht und ich werde schnellstens Ihre Kotzgrenze finden“
Das "nette Arbeitsverhältnis" führte übrigens zu einem Suizidversuch des Arbeitnehmers.
Christliche Politiker ale Beispiel für Dehumanisierung
Zuletzt möchte ich an Markus Söder und seinem Auspruch vom "Asyltourismus" 2018 erinnern, auch hier war seine Verteidigung, dass sein Kritiker das Wort leider sehr ungenau verstanden haben. Der Begriff selbst scheint für CSU-Politikern keine Neuheit zu sein, denn der bayrische Innenminister Herrmann benutzte ihn bereits vier Jahre vorher in einer Presseerklärung.
1988 schrieb Horst Waffenschmidt (CDU) im Bundestag:
"Der „freien Wahl des endgültigen Zufluchtslandes", die von allen west- europäischen Staaten als inakzeptabel und als „Asyltourismus" abgelehnt wird, wollte nämlich der Gesetzgeber durch die Novellierung von 1987 entgegentreten."
Seine Formulierung setzt voraus, dass "Asyltourismus" als Begriff in Deutschland wohl verbreitet war.
Rolf Olderog (CDU) definierte im Bundestag "Asyltourismus", wenn Geflüchtete "von einem europäischen Staat zum anderen reisen und sich dort als politisch Verfolgte melden, wo die Lebensumstände am günstigsten erscheinen" (121214)
Friedrich Merz ist auch nur ein Symptom
Und jetzt haben wir halt Friedrich Merz (auch CDU) mit "Sozialtourismus". Es ist also eigentlich nichts Neues. So mies diese Erkenntnis auch ist. Und dazu brauchen wir nicht mal in die Hassabteilung der sozialen Medien zu schauen. Die Dehumanisierung hatte schon vorher eine Tradition in Deutschland. Und das ist das eigentliche Problem. verwendete Info:
- Merz´Aussage hier
- Kubickis Müll Aussage
- Schwarzers Aussage zur Kölner Silvesternacht
- Zitat aus der SZ und eine Bilderserie
- Die New York Times
- Polizisten sind Müll
- Wolfgang Clements Broschüre
- Das Gerichtsurteil
- Die Presseerklärung des bayrischen Innenministers
- Horst Waffenschmidts (CDU) Formulierung
- Rolf Olderogs Formulierung
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