26. September 2015

Flüchtlinge und "Trauma" und was das Wichtigste beim Umgang bei Traumata ist?

Hinter dem Bild liegen traumatische Erfahrungen. Ein Flüchtlichskind in Passau hat es gemalt. Die Bundespolizei hat es auf Twitter veröffentlicht.
Niemand weiß, wer dieses Kind ist. Und niemand weiß, ob und wie dieses Kind mit seinen Erlebnissen einmal fertig werden muss. Um das Wissen über das weitberbreitete Phänomen "Trauma" aufzufrischen, hier der post.



Was heißt "Trauma"?

"Trauma" kommt aus dem Griechischen und steht für "Verwundung". In der Psychologie steht es für eine Erfahrung, die die individuellen Fähigkeiten für eine normale Lebensführung beeinträchtigt bis zeitweise vernichtet. Ausschlaggebend dafür ist ein Erlebnis. Trauma kommt also nicht aus dem Inneren allein, sondern resultiert aus einer Auseinandersetzung mit der Umgebung.

Die Folgen von Trauma

Sie sind nicht auf das beschränkt, was die Diagnostik als „posttraumatische Belastungsstörung“ (PTSD) bezeichnet. Trauma kann multidimensionale Auswirkungen haben. Das bedeutet, es kann jeden Lebensbereich beeinflussen:
  • private und intime Beziehungen, 
  • coping Strategien, 
  • Fähigkeiten, die es ermöglichen, überhaupt am Leben teilnehmen oder sich engagiert irgendwo einbringen zu können, 
  • Arbeitsfähigkeit, 
  • Konzentration, 
  • Gedächtnisleistung 

Traumata sind häufig

Statistiken zeigen, dass mindestens einmal im Leben jeder einem traumatisierten Erlebnis ausgesetzt ist. Aber nicht jeder entwickelt PTSD.
Epidemiologische Studien zeigen, dass Kriegsheimkehrer (Männer) aus dem Vietnamkrieg zu 30,9 Prozent eine posttraumatische Belastungsstörung ausbildeten, bei Frauen waren es 21,2 Prozent.
Die deutsche Bevölkerung, die seit einen halben Jahrhundert keine direkte Kriegserfahrung hat, wird in der Öffentlichkeit Trauma eher mit Verbrechen in Verbindung gebracht,  Vergewaltigung zum Beispiel.
Die Untersuchungen dazu zeigen: 65 Prozent der männlichen Vergewaltigungsopfer entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung, bei Frauen sind es 45,9 Prozent. Männer sind hier mehr gefährdet als Frauen.

Was ist posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)?

Diagnostisch unterscheidet man zwischen Akute Belastungsstörung mit einem Bündel von
  • Angst-Symptome,
  • Dissoziations-Symptomen,
  • Derealisation: Gefühl, neben sich zu stehen, irgendwie nicht in Wirklichkeit, sondern wie in einem Film sich empfinden
  • Depersonalisation
  • Amnesie
  • eine Art emotionalem Taubheitsgefühl

Sie treten innerhalb eines Monats nach dem belastenden Ereignis auf. Wenn die Symptome allerdings länger als einen Monat anhalten, spricht man von posttraumatischer Belastungsstörung, oder nach der englischen Abkürzung: PTSD. Post Traumatic Stress Disorder.

Sie gliedert sich in folgende Clustersymptome:

  • Intrusion: keine normale Erinnerung, sondern wiederkehrende innere Erfahrung des traumatischen Events (in Bruchstücken bis hin zu flashbacks)
  • Vermeidung von allem, was an das traumatisierenden Erlebnis erinnern könnte
  • Hyperarousal: erhöhte Alarmbereitschaft, Schreckhaftigkeit

Mit anderen Worten: 

Der Organismus kann nicht abschalten und sich regenerieren. Der daraus hervorgerufene Dauerstress verstärkt die bereits vorhandene Belastung. Neben Verzweiflung, Wut, Resignation und Angst treten Selbstvorwürfe, Schuldgefühle und Verurteilung der eigenen Person hinzu. Jemand mit Trauma reagiert auf weitere Ereignisse anders als es der Mainstream erwartet. Leider reagiert der Mainstream oft mit Unverständnis und weist den Betroffenen oft noch die Schuld zu.

In Verbindung mit PTSD können weitere Dinge auftreten: 

Depression, Angst, Essstörung, Substanzmissbrauch, selbstverletzendes Verhalten oder auch langfristige Schwierigkeiten, persönliche oder intime Beziehungen führen zu können. All dies kann sofort nach dem belastenden Ereignis auftreten, allerdings - und das ist der Pferdefuß - auch erst Jahre danach.
Es gibt natürlich diverse Untergruppen, aber das ist eigentlich nur für das Fachpersonal interessant.

Und die Behandlung?

Bis heute hat sich vor allem die Kognitive Verhaltenstherapie für Traumbehandlungen in der Vordergrund gedrängt (ehrlich gesagt tut sie das bei jedem Thema). Ihre Erfolge sind allerdings nicht so berauschend, sagt die Evaluation (auch das hört man von vielen Verhaltenstherapeuten bei internen Gelegenheiten).
Neuere Methoden wie somatic Experiencing oder EMDR scheinen hier besser zu greifen. Auch die acceptance & commitment therapy, die einen ganz eigenen Ansatz aufweist, wirkt. Systemische Therapie oder Hypnose ebenso, man muss bei Letzterer nur ein paar Dinge beachten. Das Thema nimmt deshalb einen guten Platz in der Hypnoseausbildung bei meinen Kursen ein.

Was ist das Wichtigste?

Traumatisierte brauchen Sicherheit, Halt und Verlässlichkeit. Denn ihre Welt und ihre Fähigkeit, Beziehungen zu ihr aufbauen zu können, ist zerstört worden. Sie muss also wieder aufgebaut werden. Zum Glück - und da hat die Verhaltenstherapie Recht - sind wir in jedem Alter lernfähig. Was bedeutet, wir können in jedem Alter aus der Grube herausklettern.

Quellen:

  • hier die Statistik zur PTSD: Briere, J. & Elliott, D. (2000), Prevalence, charakteristisch and long-term sequels of natural disaster exposure in the general population. Journal of Unterpersonal Violence, 8, 312-330
  • Artikel zum Thema: Trauma hinterlässt Spuren im Gehirn von Kindern

1 Kommentar :

  1. Es ist wirklich schrecklich was diesen Leuten passiert. Viele haben Freunde und Verwandte verloren und sind einfach auf Hilfe von außerhalb angewiesen. Leo von German International

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