Die Amis finden es gut, die in Großbritannien mies, Australien ebenso und der Rest der westlichen Welt und des Internets ist gefühlt negativ eingestellt. Für Prinz Harry und für den Verkauf seiner Autobiographie ist das egal, denn schlechte Presse ist auch eine PR. Aber warum diese Verkaufszahlen, warum all diese Talks und Interviews? Warum dieser Gossip?
Psychologisch gesehen ist daran nichts Geheimnisvolles. Die britischen Royals sind ein brand und ein Identifikationszeichen für ein Land. Zugleich haben sie in derster Linie keine politische, sondern eine unterhaltende Funktion. Ganze Branchen leben von der Berichterstattung, die Royals sind Export- und Konsumartikel gleichzeitig. Als Familie sind sie trotz aller Entfernung zum "gemeinen Volk" für nicht wenige eben auch Vergleich und Orientierung:
"Siehst Du, die haben auch ihre Probleme, genau wie wir."
Auch Trost Trost und Hilfe können Menschen daraus schöpfen:
"Schau, die / der versucht, die Probleme so oder so anzugehen".
Dieses
Bedürfnis, uns mit anderen zu vergleichen, ist so alt wie die
Menschheit. Wir sehen damit, wo wir in der Gesellschaft, in unserer
Entwicklung stehen.
Und so sind königliche Hochzeiten, die Geburt
eines Babys sowohl persönliche wie auch nationale Events, an denen die
Menschen Anteil nehmen. Wie sehr, wurde bei Lady Dianas Tod deutlich. Unglaublich viele fühlten sich persönlich betroffen, obwohl kaum jemand
davon mit ihr verwandt oder verschwägert war. Aber wer sich oft mit dem
Lebens anderer Menschen beschäftigt, baut eine Art emotionale Verbindung
auf, egal, ob er oder sie diese Menschen tatsächlich kennengelernt hat.
Gossip und Tratsch fungieren somit auch als Kitt in der Gesellschaft.
Tratsch ist eindeutisch in In-Group-Phänomen.
Auch das Lästern
gehört dazu, denn es markiert eine Grenze, was nun sozial erwünscht ist
und was nicht. So gesehen ist Lästern eine etwas vulgär geführte
Wertediskussion.
Dabei ist es egal, ob dabei nur die Befriedigung der
Neugierde im Vordergrund steht oder ob es darum geht, jemanden schlecht
zu machen. Bei beiden sorgt der Tratsch / Gossip für ein
Gruppengefühl und sorgt durch die Abwertung gleichzeitig für die
Erhöhung des eigenen Selbstwertgefühls.
sprich: Gossip / Tratsch im negativen Sinne produziert für die In-Group ein angenehme Gefühle.
Langfristig gesehen jedoch gibt es einen gravierenden Nebeneffekt: Wer andere verurteilt, neigt auch dazu, die eigenen Unsicherheiten, Ecken und Kanten zu verstecken. Denn schließlich weiß er / sie ja, wie die Leute über einen reden können. Das führt oft zu Angst und damit auch dazu, nicht mehr authentisch zu leben und sich selbst Dinge zu verbieten:
Je mehr wir über andere negativ reden,
desto weniger trainieren wir Empathie. Je weniger Empathie, desto
unfreundlicher erscheint uns das Leben. So bekommt das Unfreundliche
immer mehr Relevanz. Es führt zu immer mehr Verlust an Lebensfreude.
Mir
persönlich ist Prinz Harrys Autobiographie egal. Meine Überlegung ist
nur, dass ein Paar, das ihre öffentliche Position mit Skandalgeschichten aufrecht erhält, irgendwann in eine Sackgasse kommt. Und was dann?
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