Ich bin kein digital native, wo andere praktisch von der Wiege auf die digitale Welt aufgesogen haben, muss ich mich eher reinknien. Doch eines ist selbst mir auf Anhieb klar: Die heutige Politikergeneration hat wesentlich weniger Ahnung als ich. Zu Ungunsten ihrer eigenen Interessen - und letztendlich auch zum Schaden der Demokratie.
Ich möchte hier keine politischen statements abgeben. Zum Hintergrund nur so viel: Ich habe auch dort gelebt, wo keine Demokratie herrscht und ich erlaube mir deshalb, den Unterschied zwischen autoritären Systemen und demokratischen Strukturen etwas besser erfahren zu haben, als so mancher Telegram-Protestierer. Womit wir schon beim Thema wären.
Dass bestimmte Online-Plattformen mit ihrer Unternehmenspolitik, die auf Skandalisieren und Empörungsmechanismen setzt, mitverantwortlich sind für Desinformation und der damit einhergehenden Hetze und den Hass gegen Menschen, ist jenseits des Bezweifelbaren. Dass deren Algorithmus eher giftige Kommunikation bevorzugt als seriöse, aber deshalb auch langweilige Darstellungen, kann man inzwischen wohl zum Allgemeinwissen zählen.
Genau so auch, dass die angesprochenen Online-Plattformen sehr genau wissen, woran sie beteiligt sind. Das Ereignis, dass auf Instagram zum Beispiel gefälschte Impfpässe angeboten wurden und das Unternehmen lapidar geantwortet hatte, das verstösse nicht gegen die Richtlinien, also sei es ok, ist nur ein kleines Beispiel vom letzten Jahr. Ich möchte hier nicht alles aufzählen, da es ja eh bekannt ist. Das, worum es mir eigentlich geht, ist eine aussage aus einem Interview - ich hab leider vergessen, wo ich das gesehen haben, aber es hat mir gezeigt, wie hilf- und realitätslos unsere Politiker und Behörden inzwischen geworden sind.
In diesem Interview fragte die Reporterin, dass wie denn die entsprechenden Behörden mit den Desinformationen und Falschinformanten auf Telegram umgegangen werden kann, die nicht nur gegen die Demokratie wettern, sondern ihr schlicht und einfach Rufmord antun. Die Antwort der Expertin: Die deutschen Behörden haben Telegram - welches seinen Sitz im arabischen Raum hat - einen Bussgeldbescheid geschickt.
Da war der Zeitpunkt, an dem ich in Lachen ausgebrochen bin. Wie hilflos und realitätsfern kann man sein?
Die Interviewte fügte noch hinzu, das Problem sei, dass Telegram sich um den Bescheid nicht kümmert. Nun, das hätte ich allen Beteiligten vorher sagen können. Als einzige und harte wirksame Maßnahme sah die Expertin letztendlich Geoblocking. Erwähnt hat sie dabei natürlich nicht, dass selbst ich Methoden kenne, mit denen man so etwas umgehen könnte.
Mit anderen Worten: Die Behörden sind machtlos, praktizieren Methoden, die angesichts der Digitalisierung nicht nur wirkungslos, sondern lachhaft sind, um nur eines nicht tun zu müssen ...
Und das ist jetzt etwas, was laut Psychologie sehr sehr schwer ist und nur die wenigsten können. Denn dazu braucht man weitaus mehr, als Behörden als Ressourcen besitzen: Die Akzeptanz dessen, was man nicht beeinflussen kann. Behörden aber müssen sich den Anschein geben, sie wären wirkmächtig. tatsächlich sind sie es nur innerhalb des eigenen Wirkgebietes. Darüber hinaus jedoch sind sie irrelevant und niemand gesteht sich gerne ein, irrelevant zu sein.
Quellen:
- hier die Sache mit Instagram
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