21. April 2019

Die Attentate auf Sri Lanka, echte und falsch gelebte Empathie

Es sind auf jeden Fall mindestens 185 + x Tote. Darauf kommen noch über 400 Verletzte. Während hier alle die Osterfeiertage mit Ritualen von gefärbte Eier frühstücken, religiöse Feiern besuchen bis hin zu Familienbesuchen nutzen, starben in Sri Lanka Menschen durch Bomben.

Insgesamt sind es wohl acht Explosionen. Als Notre Dame brannte, gabt es viel Empathie und sofort Millionen Spenden. Und bei Sri Lanka ...




Die letzten Nachrichten vor zwei Stunden auf Times of India werden sehr nüchtern vorgetragen. Es ist die Nüchternheit, die auf einen Schock folgt. Wenn die Gefühle einfach taub sind.

Die Situation ...

... scheint noch immer unübersichtlich zu sein. Zu viel Trümmer. Zu viel Entsetzen. Zu viele Tote. Eine Kirche in Colombo soll mit Leichenteilen übersät worden sein. Anscheinend galten die Anschläge Christen, wenngleich diese nur 7 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Wer tatsächlich hinter diesem "terroristischen Anschlag", wie es der Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene nennt, weiß man bislang nicht.

Auf twitter überwiegt zur Zeit die Betroffenheit von Leuten in der Öffentlichkeit. Ab und ein an kritischer Zwischenruf:

Der post hat tatsächlich einen Punkt:

Die eigene Betroffenheit sinkt mit zunehmender geografischer Entfernung.

Das geballte Wissen
Das hat damit zu tun, daß Empathie bei untrainierten Menschen begrenzt zur Verfügung steht. Untrainiert nämlich, weil wir aus evolutionären Gründen mehr in das Verständnis unserer Gruppe, Freunde, Familie investieren als in Fremde, weit Entfernte, uns weniger nahe Stehende. Es hat in der Geschichte der Menschheit zu unserem Überleben beigetragen und es hat einen Vorteil: Es ist einfacher, sich in jemand hineinzuversetzen, der uns nahe steht, als in jemand, der unsere Welt nicht oder nur bedingt teilt.

Die natürliche Folge: je mehr wir Empathieenergie für unseren eigenen Zirkel aufwenden, um so mehr stärken wir die Bindung unter Gleichgesinnten, um so mehr nimmt das Bedürfnis und die Motivation, auch Fremde mit einzubeziehen ab.

Das geballte Wissen
Dazu kommt auch noch, daß bei ständiger Empathiepraxis auch Ermüdung eintreten kann. Berufe wie Krankenpfleger, -schwester. Sozialhelfer etc. fordern genau dies und gefährden damit ihre Menschen. Daß die Bezahlung lausig ist und einem damit viele weitere Probleme ans Bein gebunden werden, verschärft das Ganze noch.



So kann Empathie am Ende sich in ihr Gegenteil verkehren: Aggression als Endergebnis.

Empathie kann aber trainiert werden. In Empathie trainierte Menschen weisen ein andere Dynamik auf:

1. Sie folgen nicht der Tendenz zum Schwar-Weiß-Denken, die in der Empathie liegt. 

Empathie ist im Gruppendenken entstanden, darüber hinaus war sie eigentlich evolutionär nicht vorgesehen. Die Ausweitung ist eine kulturelle Eigenschaft. Und Kultur ist etwas, was man sich aneignet, nicht etwas, das einfach so entsteht. Entsprechend entwickelt sich Empathie nicht auf so natürliche Art, wie der aufrechte Gang.

2. Sie setzten die Adressaten der Empathie nicht automatisch in die Opferrolle.

Empathie ist etwas anderes als Mitleid ist etwas anderes als Fürsorglichkeit.

3. Sie denken Empathie als Denken zum Wohle des Anderen ...

... und nicht als eine Art nachvollziehen und nachspüren können, wie der andere tickt. Letzteres kann nämlich auch jeder Manipulator und Propagandist.

4. Sie nehmen den Anderen nicht als Maßstab, sondern die ganze tatsächliche Situation.

Im Idealfall liegt der Fokus auf 60 Prozent auf die eigene Person und 40 Prozent auf der anderen. Warum? Wenn es umgekehrt wäre, wären wir im  Bereich er Selbstaufopferung. Das ist keine Empathie. Und es ist ungesund.

Außerdem: Zu sagen, es geht mir nicht um micht, es geht hier um andere, ist gelogen. Denn das Ich ist immer Teil der aktuellen Situation. Sich aber nicht um sich zu kümmern bedeutet, einen Menschen zu vernachlässigen. Und das ist ein Verstoß gegen Empathie.

Aber warum nicht 50:50? Ganz einfach. Erstens wäre das eine Milchmädchenrechnung: Wo in der Realität gibt es tatsächlich genau echte 50:50-Entscheidungen (abgesehen von denen, bei denen wir uns einreden, es sei so).

Zweitens: Zur Empathie gehört, daß wir nicht übergriffig sind. Mehr in Leben des anderen zu sein als im eigenen, ist übergriffig. Denn dort haben wir eigentlich nichts verloren. Genau das will die 60:40-Regel aussagen. Sie ist eine Beschränkung unseres Zugriffs auf den anderen um ihn vor Vereinnahmung zu schützen.

Und nun, Sri Lanka?

Der oben zitierte post ist tatsächlich sehr realistisch. Wie schnell kommen denn tatsächlich 100 Millionen zu sammen für Sri Lanka, für die Menschen?

Man kann von der Kathedrale halten was man will (ich finde sie als Bauwerk einfach toll), aber letztendlich ist sie nur ein Gebäude. Beileidsbezeugungen sind ok, sie gehören zum Standart und zur Höflichkeit. Sie sind richtig. Wer hier schon versagt, der kommt zur Empathie gar nicht. Denn die zeigt sich an dem, was nach den Beileidskundgebungen erfolgt.

Quelle:

  • hier die eltzte Meldung aus dem indischen Fernsehen zum Zeitpunkt dieses posts

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