12. August 2014

Zum Tod von Robin Williams - gegen Depression hilft mehr als nur Methoden

Robin Williams ist tot. Suizid. Ich weiß nicht, was mich mehr überrascht hat: dass er tot ist oder dass es Suizid sein sollte.
Robin Williams hatte irgendwie etwas Jugendliches in meinem Bild von ihm, so unterschwellig und anscheinend so fest, dass die Worte "tot" und "Suizid" überhaupt nicht dazu passen wollen. Doch vielleicht wussste ich nur zu wenig.

Robin Williams war 63 Jahre alt gewesen und hatte mit Depression zu kämpfen. Doch auch wenn ich mehr seine Rollen als ihn kannte, über das, was ihn verfolgte, weiß ich Bescheid.



"Du stehst am Rand einer Klippe und siehst hinunter. Es gibt diese Stimme, eine kleine und leise Stimme, die sagt: ,Spring!'

zitiert ihn die Süddeutsche .

Williams ging offen mit seinen Abgründen um. Bei ihm waren es Drogen und Alkohol. Doch auch ohne solche Mittel: Depression ist weit verbreitet und man muss auch nicht verrückt sein, um Suizidgedanken zu haben.

Suizidgedanken sind weder verrückt noch krank.

"Heute sind meine Suizid Gedanken wieder sehr stark sie sind schon 5 Jahre da mal stark mal leicht aber da sind sie immer! ich hatte schon ein Suizid versuch hinter mir!! ich war auch schon beim Arzt aber das hilft mir alles nix ich kann mit meine Eltern auch nicht drüber reden sie hören mir nicht zu ich bin alleine mit meinen sorgen und Gedanken! und mit meinen Freunden kann ich nicht reden naja wenn mann das überhaupt freunde sind weil die war es ja auch egal bzw haben mir nicht geglaubt ich finde es ist sehr schlimm!! leider Ritze ich mir auch wieder öfter da sind zwar kurz die sorgen weg aber sie kommen ja immer wieder und mein Suizid Gedanke ist immer da!!"
so ein Beitrag in einem Forum, dessen Quelle ich hier jetzt nicht veröffentliche.

Der Gedanke an Suizid taucht irgendwie enpassant auf. Auf einmal ist er da. Einfach so. Irgendwie erscheint er auch nicht so sehr fremd. Eher so wie ein neuer Gast auf der Party, aber einer, der von der Kleidung und Verhalten her schon dazu passt. Und man kann ihm eine gewissen Anziehungskraft nicht absprechen.

Mein Kopf gehört (nicht) mir

Das Schwierige ist, dass in unserer Kultur wir nicht lernen, Abstand zu unseren Gedanken zu haben. Statt dessen identifizieren wir uns meistens mit ihnen. Die meisten halten ihre Gedankeninhalte für die Wahrheit und wenn wir darauf gestoßen werden, dass so einiges in unserem Kopf in Wirklichkeit Unsinn ist - und wenn uns das noch nachgewiesen wird - dann reagieren die meisten beleidigt. Weil ihr Selbstwertgefühl verletzt wurde.


Mit einer solchen Haltung ist es viel schwieriger, depressiven Gedanken entgegenzutreten. Denn wer die eigenen Gedanken für die Wahrheit hält, der muss gegen mehr kämpfen als bloße Gedanken.

Der Problem ist auch die ständige Widerholung

Alles, was wir öfters tun, festigt sich. Leider auch der Gedanke an Suizid. Es ist wie eine Art Selbsthypnose, nur leider in eine Richtung mit tödlichem Ausgang. Wie bei Robin Williams.

Da nutzt keine Ablenkung, kein positives Denken, kein berufliches oder privates Erfolgserlebnis, die Depression ist wie der dunkler Lebenspartner. Er ist da, egal welches Erfolgserlebnis man in seinen vier Wändern feiern könnte. Wessen Kopf Suizidgedanken formuliert, der macht die Erfahrung: Auch wenn er es nicht will, es geschieht doch. Über seinen eigenen Kopf kann man nicht bestimmen.

Zwei Dinge helfen wesentlich

Es ist weniger eine Methode - es gibt natürlich viele hilfreiche Verfahrensweisen -  aber grundlegender sind zwei Haltungen:
  1. Geduld
  2. Güte

Geduld deswegen, ...

... weil es hier um tiefer verankerte Denk- und Fühlmuster geht. Die sind nicht vom Himmel gefallen, sondern haben sich entwickelt. Und sie sind auch nicht von heut auf morgen zu erledigen.

Depression bedeutet eine Korrektur des eigenen Lebens und des Gespürs dafür. Hier geht es nicht um irgend welche kosmetischen Symptombehandlungen. Das geht nicht so schnell und Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Ohne Geduld verstärkt sich der Druck nur und das bringt nichts sondern verlängert das Ganze bestenfalls. Um ein Bild aus dem Sport zu verwenden: Du bist hier nicht im Sprintwettbewerb, sondern im Langstreckenlauf angetreten. Entwickle also eine entsprechende Perspektive.

Güte, ...

... weil sie genau das Gegenteil von vielen Dingen ist, die in einer Depression stecken: Perfektionismus, Grübeln wegen Problemen, Sorgen, ob alles klappt, strenges Urteilen und Urteilen überhaupt, Bewerten in Gut oder Schlecht etc. ...

Güte ist ein wohlwollendes Betrachten des Geschehens, das einem zu Nichts zwingt. Güte kann lassen ohne enttäuscht zu sein und kann eingreifen ohne getrieben zu wirken. Güte meint durchaus, berührt, jedoch nicht überwältigt zu werden. Sie ist nicht (ver-)schnell, sondern eher stetig. So wie ein Fluss langsam, aber unaufhaltsam dem Horizont zufließt. Güte erzeugt keinen Druck, Depression dagegen viel. Güte kann loslassen, Depression tut sich schwer damit.

Es bleibt der Nachruf

Robin Williams war Soldat, Arzt, Genie, Nanny, Präsident, Professor, ein lärmender Peter Pan und alles dazwischen. Aber er war einzigartig."

schrieb Barack Obama in seiner Kondolenzbezeugung. Und es stimmt:
Robin Williams Leben hat vieles enthalten. Doch während ich die verscheidenen Nachrufe lese, frage ich mich, ob er diese zwei genannten Eigenschaften für sein eigenes Leben selbst kultivieren konnte. RIP Robin Williams.

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