Seiten

8. April 2016

Warum ich meinen Job mag und was Antje Schrupps Aussagen zur Leihmutterschaft damit zu tun haben

Ich kenne Antje Schrupp nicht, ich bin nur über einen Text von ihr gestolpert. Es geht um Leihmutterschaft. Das Thema ist mir auf meinen Reisen ein paar Mal persönlich begegnet. Deshalb bin ich hängengeblieben. Und mir wurde beim Lesen deutlich, dass meine Arbeit wahnsinnig viele Vorteile bietet.


Antje Schrupp ist u.a. evangelische Theologin. Eine Kollegin also. Ich mag Theologen (die meisten jedenfalls).
Meinen Job mag ich nach dem Lesen ihres Textes womöglich noch mehr als Theologen, denn über eine Formulierung von ihr bin ich zweimal drüber gegangen. Nämlich diese:

Ein Embryo ist Teil des Körpers der schwangeren Frau, er ist kein eigenständiges Individuum. Das ist er erst nach der Geburt.


Der Satz steht in einem Abschnitt über die Rolle der austragenden Mutter und inwieweit das „Verfügungsrecht“ von Seiten des Auftraggebers über deren Körper geht.

Für Schrupp dient der Satz als Begründung, dass dieses der Auftraggeber eben nicht vollumfänglich „mitgekauft“ hat, wobei sie womöglich diese Formulierung nicht teilen würde. Ihre Blickrichtung geht, wenn ich richtig verstanden habe, dorthin, dass die Anweisungsbefugnis des Auftraggebers über die austragende Frau zurückgeschraubt wird.

Ok, aber dies damit zu begründen, dass der Embryo zu keiner Zeit kein eigenständiges Individuum sein soll … hmmmmm.

Damit fehlt ihm nämlich die für das Menschsein so ausschlaggebende Eigenschaft der Personalität. Ein Mensch, der keine Person ist, ist keiner in unserem Denken. Darauf fusst unser Wertesystem von Humanität und Menschsein mitsamt Würde und Rechte.


Wenn es sich um keine Person handelt, hat er - oder besser: „es“ - auch zu keiner Zeit irgendwelche Ansprüche auf Unversehrtheit. Man kann damit machen, was man will, denn es ist ein Körperteil und der vollständigen Verfügungsgewalt der Besitzerin des Gesamtkörpers unterstellt, so Schrupps Text in meiner plakativeren auf Eigentumsrecht getrimmten Formulierung.
Der Logik folgend bedeutet das, dass zum Beispiel Abtreibung in jeder Schwangerschaftswoche ethisch gerechtfertigt ist. Selbst einen Tag vor Geburtstermin müsste man diesen Körperteil entfernen lassen und wegwerfen können (auch ein Recht auf Bestattung wäre nicht drin, da dies nur Personen zukommt; Körperteile brauchen nicht beerdigt zu werden). Auch wenn Sie als Leser jetzt überrascht sind, diese Schlussfolgerung wäre eine logisch Mögliche.

Das wäre doch eine etwas seltsame Position (nebenbei, ich glaube nicht, dass die Autorin dies befürworten würde).

Auch müsste man argumentativ darlegen, warum es sich denn eine Minute vor der Geburt um kein, sobald es aber durch die Vagina nach draussen gelangt ist, um ein selbständiges Individuum handeln soll? Macht das Hängen an der Nagelschnur ein unselbständiges, die Trennung davon ein selbständiges Individuum aus? Das stünde aber auf dermassen argumentativ wackeligen Füssen, dass man kaum nachdenken müsste.

Die Crux von Antje Schrupps Ausgangspunkt ist, dass er sich im Netz all der Ansichten, Weltanschauungen und Meinungen verfängt, wie wir Mensch und seine daraus folgenden Schutzrechte definieren. Egal, wie man argumentiert, man fängt sich immer sofort einen Haufen neuer Probleme ein. Schrupps Problem ist, dass sie hier Personenstatus und physische Eigenständigkeit zusammenzuwerfen scheint.


Und das ist der Grund, warum ich meine Arbeit als Therapeut / Coach mag. Ich gehöre zu den unterstützenden Berufen. Eine politische / philosophische / moralische / etc. Debatte über Schutz ungeborenen Lebens oder Leihmutterschaft ist nicht meine. Denn egal, ob Leihmutterschaft ja oder nein, beides wird Leid produzieren.


In Deutschland ist Leihmutterschaft zum Beispiel verboten. Also gehen diejenigen, die das wollen, ins Ausland. Zum Beispiel nach Thailand. Thailand ist ein bisschen meine zweite Heimat. Der Fall von Gammy ist einer der bekanntesten dort - und ein Beispiel für das, wogegen wahrscheinlich Antje Schrupp ist. Nur dagegen zu argumentieren, dass Grammy pränatal zu keiner Zeit ein Individuum wäre, ist nichts, was irgend etwas löst.
Thailand hat übrigens sein Gesetz über Leihmutterschaft geändert und es ist seit 2015 in Kraft. Leihmutterschaft in Auftrag zu geben, ist nun Ausländern verboten.

Das Gesetz soll dafür sorgen, dass die Bäuche von Thailands Frauen nicht zu den Bäuchen der Welt werden


sagte Wanlop Tankananurak, Mitglied des thailändischen Parlaments, der „miete dir einen Bauch-Tourismus“ soll vorbei sein.

Ob das der Weisheit letzter Schluss ist?


Egal, welche Regelungen oder Verbote eingeführt werden … philosophische, moralische, theologische, politische Begründungen enden letztendlich in der Aufteilung in Recht oder Unrecht. Meine Tätigkeit dagegen ist hauptsächlich dazu da, Leid zu lindern oder zu beseitigen. Die Ziele meines Berufs gefallen mir besser.


Nichts für ungut, Antje Schrupp.

Quellen:

hier zum Text von Antje Schrupp

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen