Doch das ist nicht Depression. Es ist ein Unterschied, sich depressiv zu fühlen und eine Depression zu haben. Das Schlüsselwort, das den Unterschied macht, lautet "fühlen". Manfred ist so ein Beispiel.
In Manfreds Leben gab es einige Veränderungen. Einiges davon war unschön und einiges ging auch nicht so aus, wie er es gedacht hatte. Aber alles in allem war es nach Manfreds Meinung nichts groß Dramatisches.
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Depression ein traumatisches, schreckliches Erlebnis voraussetzt. Das kann sein, muss es aber nicht. Zuweilen kommt Depression einfach. Ohne ersichtlichen Grund. Es passiert einfach. Deshalb zählt es auch als Krankheit. Krankheiten passieren. Es hat nichts zu tun mit Willen, Stimmungsschwankungen oder sonst irgend etwas.
Manfreds Partnerin verstand nicht, warum er Dinge, die im Alltag so kamen, so schwer nahm. Warum nicht einfach versuchen, die Dinge nicht so an sich ran zu lassen? Alles, was Manfred machen sollte, es einfach mal tun. Wenn er wollte, könnte er es sicher. Das war ihre Meinung.
Aber Manfred konnte nicht. Er konnte nicht einmal versuchen, es zu versuchen. Depression schädigt mehr als persönliche Missgefühle.
Für die Partner ist es hart. Wie wir alle können sie niemanden in seinen Kopf hineinschauen. Sie können nicht verstehen, warum Menschen mit Depression Dinge tun, die sie tun. Sie können nicht nachvollziehen, warum die Betroffenen auf Vernunftgründe nicht ansprechbar sind und sie selbst können es auch oft selber nicht erklären.
Für Manfreds Partnerin war es ein langer Weg, bis sie lernte, dass man mit Logik, Vernunft oder bürgerlichen Vorstellungen, wie es zu sein hat, nicht weiter kommt. Hier ein paar Punkte, die sie gelernt hatte.
1. Dein Partner ist nicht einfach nur traurig
Depression ist Gefühlszustand, es ist eine Krankheit. Wie Grippe oder sonst etwas kann sie wie aus dem Nichts kommen. Einfach so. Depression verdunkelt in einem alles:- Es reduziert deine Fähigkeit, Freunde zu finden.
- Es verkrüppelt dein Sozialleben, behindert deine Kontakte.
- Depression verfrachtet dich regelmäßig in eine Hölle aus Dunkelheit, Dumpfheit und Schwere.
Alles ist ein Klimmzug, alles erscheint zweifelhaft, am meisten das eigene Ich. Es ist ein so großer Schlag gegen die eigenen Psyche, dass er sogar körperliche Schmerzen hervorruft - bis zu dem Punkt, an dem es besser ist, gar nichts mehr zu fühlen. Depression kontrolliert dein Leben.
Erinnere dich daran, wenn dein Partner Dinge tut, die du nicht verstehst.
2. Dein Partner ist nicht wegen dir depressiv. Also nimm es nicht persönlich.
Es nicht persönlich zu nehmen, ist verdammt harte Arbeit. Besonders, wenn man im Kopf überlegt, ob man etwas gemacht hat, das das Ganze ausgelöst hat.Ein bisschen Depression geht nicht. Wenn Depression, dann trifft sie den Menschen komplett und und als Betroffener bist nicht mehr du selbst in diesen Momenten.
Gerade das macht es für Leute schwierig, die wissen, wie man "wirklich" ist. Da kann es sich leichter anfühlen, mit einem Fremden zusammen zu sein, als mit dem fremd erscheinenden Partner.
Es entstehen viele Selbstzweifel: Vielleicht bin ich doch irgendwie die Ursache? Die Antwort ist eindeutig: Nein!
Wenn dein Partner in deiner Gegenwart sich stark depressiv zeigt, ist es eigentlich ein gutes Zeichen. Es bedeutet, er vertraut dir genug, um es mit dir zu teilen. Manchmal versucht er, es zu verheimlichen. Manchmal stößt er dich zurück. Macht nichts. Bleib einfach dabei.
3. Du kannst deinen Partner nicht wieder "in die Spur bringen"
Ich weiß, du denkst, als Gegenpol sich optimistisch zu geben, hilft irgendwie und färbst schon ab. Und da ist auch noch die Liebe, die helfen wird. Nein, wird sie nicht. Liebe heilt keine Krankheiten. Positiv sein auch nicht."Hallo, das Leben hat doch seine schönen Seiten", ist eine Einstellung, die die Sache auf Dauer nur verschlimmert. Es erinnert die Betroffenen daran, dass es den anderen gut geht und sie selbst davon ausgeschlossen sind.
Zur Erinnerung:
Menschen mit Depression sind nicht traurig. Auch wenn es danach aussieht, sie sind es nicht. Deshalb hilft auch nichts von dem, was gegen Traurigkeit hilft. Also probier nicht, sie aufzumuntern oder sie aufzufordern, sich auf das Positive zu konzentrieren.
Versuch nicht zu sagen, das Leben besteht halt aus Sonnenschein und Schatten und damit müsse man zurecht kommen. Versuche, die geäußerten Gefühle anzuerkennen, aber versuche nicht, sie ihnen oder dir zu erklären, das bringt dich nur aus der Beziehung.
Biete keine Alternativen oder Ratschläge. Du musst dabei nicht auch in Sack und Asche gehen, nur weil dein Partner eine Depression hat. Sei normal, sein unterstützend, aber denke nicht, dass du weisst, was gut ist für deinen Partner.
4. Gefühl, egal welches, ist in Ordnung
Der Weg aus der Depression kann ein langer, langer Weg zu einem Berggipfel sein. Wenn die Gefühle zurück kommen, passiert es zuweilen in einer Weise, die für Außenstehende verstörend wirkt: Manche fangen von einer auf die andere Sekunde an zu weinen, brechen zusammen, schluchzend hemmungslos.Steh einfach tröstend bei Seite.
Andere geraten in einen Zustand von fast manischer Ausgelassenheit, die aber auch sofort wieder umkippen kann.
Ermuntere diese freudige Empfindung behutsam.
Viele aber zeigen Ärger. Großen Ärger. Anscheinend ohne ersichtlichen Grund. Sie werden auch ärgerlich über ihren Partner oder gegenüber anderen. Kleinigkeiten bringen sie zum Explodieren. Sei darauf vorbereitet, denn Ärger, Wut, Zorn ist ein Ventil für die Frustration und für die vielen Enttäuschungen und Entbehrungen, durch die dein Partner in den Zeiten der Depression gegangen ist. Und gemessen an dem, was sie durchgemacht haben, ist es völlig in Ordnung.
Ermutige ihn oder lass ihn wenigsten in Frieden seinen Furor ausleben.
5. Pass auf dich auf
Der erster Impuls ist immer, dem Partner zu helfen. Aber Vorsicht: Jemanden zu lieben, der eine Depression hat, kann dich selber in ziemliche Verzweiflung stürzen. Auch wenn du dann denkst, du verstehst deinen Partner ... nein, tust du nicht. Statt dessen sorge immer auch für dich.Bleib bei deinen Träumen und Zielen. Manchmal hast du Schuldgefühle, weil du dich deinen Sachen widmest, deiner Arbeit, deinen Freunden und in dieser Zeit nicht für deinen Partner da bist. so als ob du aus der Beziehung aussteigst damit. Und für deinen Partner fühlt sich das an wie ein Schlag ins Gesicht.
Wenn du Erfolg hast mit dem, was du dir vorgenommen hast, kann das in ihm eine Erinnerung wachrufen von dem, was ihm fehlt, aber es nutzt nichts, wenn du dich aufopferst. Du brauchst für dich Lebensqualität.
Es wird Zeiten geben, in denen du verzweifelt bist, in denen Tränen kommen und du wirst verletzt werden. Vielleicht verspürst du den Wunsch, es deinem Partner nicht merken zu lassen. Mach es nicht! Lass es ihm wissen, wenn es für dich hart wird, aber auch, dass du trotzdem da bleibst. Sag nicht unbedingt, dass du dich gestern nacht heimlich in den Schlaf geweint hast, aber öffne dich ein wenig.
Kümmere dich darum, einen für dich gesunden Weg zu finden, deinen emotionalen Balast abzuladen - und wenn es dein Hund ist, dem du alles weinend erzählst.
6. Sei geduldig.
Depression saugt einem alles Leben aus. Deshalb musst du aufpassen, dass es nicht auch dir das Leben entzieht. Depression ist hartnäckig. Und gegen Hartnäckigkeit hilft ein Kraut: Hartnäckigkeit.
Informiere dich über Depression so weit wie möglich. Und wenn du Dinge herausfindest, die du nicht glauben kannst, lies sie noch einmal. Und sei skeptisch bei all dem, was schnelle und effektive Heilung verspricht oder darüber redet. Depression betrifft nie nur bestimmte Teile des Menschen, sondern die ganze Person. Sind nur einzelne Körperteile krank, dann haben wir immer noch den ganzen restlichen Menschen mit seinen gesunden Anteilen. Entsprechend mehr kann der Organismus der Krankheit entgegensetzen. Bei Depression ist es anders. Deshalb braucht es länger.
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