Wer zunehmend erfährt, dass Gefühle und soziale Bedürfnisse nicht gestillt werden können, für den kann diese Tatsache lebensbedrohlich sein.
Die 40ste Absage auf eine Bewerbung, die unverhoffte Kündigung nach langer Betriebszugehörigkeit, die ungewollte Trennung und Scheidung, der Tod des alten pflegebedürftigen Ehepartners - jedes Lebensalter beschehrt uns das Gefühl, irgendwie keinen Platz mehr im Leben zu haben.
Leben bedeutet Krisen erfahren
Einerseits, weil uns plötzliche Krisen uns aus unserem Leben, wie wir es bisher kannten, hinaus warfen, andererseits weil eine normale Biographie naturgemäß Umwälzungen, Abbrüche und Trennungen für uns bereithält. Solche typische Umbrüche erleben wir zum Beispiel in der Phase der Pupertät, in der Zeit der Berufs- und Partnerwahl, der beginnenden Mutter- oder Vaterschaft, dann wenn die Kinder von Zuhause ausziehen ...Jeder Schritt in die nächste Entwicklung bedeutet ein Zurücklassen des Bisherigen und einen Aufbruch ins Unbekannte. Naturgemäß tauchen Fragen auf wie: "Was finde ich vor? Wie finde ich dort meinen Platz? Was und wie werde ich dort leben?" Und: "Was brauche ich dazu und werde ich überhaupt dort gebraucht? Was ist, wenn ich dort jedem gleichgültig bin?"
Mehr als flüssig: überflüssig
Das Gefühl, überflüssig zu sein, ist schwer bis gar nicht zu ertragen. Als "soziale Säugetiere" unternehmen wir Menschen so ziemlich alles, um nicht in solche Situationen zu kommen. Nur um nicht der eigenen Bedeutungslosigkeit ins Gesicht zu schauen, passieren unglaubliche Dinge. Man wird zum Beispiel schwanger. Kinder sind nämlich für manche eine hervorragende Ablenkung vom eigenen Leben. Andere greifen zu Drogen, vergraben sich in Arbeit, wieder andere werden krank, manche treibt es zum Suizid.Nervenkrise trifft Nervenkostüm
Nicht jeder reagiert gleich. Was für den einen eine Katastrophe ist, ist für den anderen nur ein handhabbares Problem. Eine solide Basis an Halt und Weltvertrauen, gezimmert in Kindheit und Biographie, ist ein besserer Ausgangspunkt wie ein Elternhaus, in dem ein schweigender Vater und eine hysterische Mutter das Sagen hatten.Der Wunsch nach Zugehörigkeit ist immer der Wunsch nach Austausch. Wir wollen etwas bekommen, aber ebenso etwas geben. Beschenkt werden und selber schenken steckt in jedem gesunden Menschen. Halten sich die beiden Pole nicht die Waage, entsteht ein Ungleichgewicht, das krank machen kann. Eine ständige devote Opferbereitschaft oder ein blanker Egoismus sind zwei mögliche, wenn auch extreme Folgen davon.
Überfluss
Schaffen wir es in unserer Familie, in unserer Erziehung, am Arbeitsplatz unter Kollegen oder gegenüber Vorgesetzten, im Verhältnis zwischen Generationen die Balance? Viele, die sich beklagen, wird gesagt, sie sollen dankbar sein, anderen gehts schlechter.Es stimmt schon: In Deutschland jammern wir auf sehr hohen Niveau. Wenn ich vergleiche, was ein Deutscher, wenn er gesundheitlich so kaputt ist, das er nicht mehr arbeiten kann, hier an Unterstützung bekommt und was ein Nepalese in seiner Heimat an Unterstützung bekommt ...
Hier bei uns herrscht Überfluss. Überfluss an allem.
Aber auch Überfluss an Menschen. Gerade die, die am reibungslosesten ins Anforderungsprofil passen, werden noch gebraucht, der Rest ....
Uns kommt die Realität abhanden
In unserer hochtechnisierten Gesellschaft und Arbeitswelt kommt uns so leicht die Realität abhanden und formale Abläufe sind wichtiger als gute Beziehungen. Während sich die gut Integrierten über "Generation facebook" beklagen, verschanzen sie sich dafür hinter Aktenordnern, Sachzwängen und Formaliuristereien. Ehrlich gesagt, da ist facebook lustiger. Allerdings sieht es nicht so produktiv aus wie das andere. Richtig weiter aber bringt unsere Gesellschaft aber weder das eine, noch das andere.Glücklich, wer gefordert wird von Menschen, die keine Formalisten sind und als "Apparatschicks" einen Verwaltungsjob haben. "Personalverwaltung" - schon das Wort bestätigt eine Geistlosigkeit.
Glücklich der oder die, die um sich herum Leute hat, die sich für konkrete Menschen interessieren anstatt für reibungslose Abläufe.
Glücklich, wer mit Menschen arbeitet, denen das Wort "Humankapital" ein Fremdwort ist.
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