21. April 2022

Xavier Naidoo entschuldigt sich - Kommentar aus der Psychologie

 Xavier Naidoo hat sich in einem Video entschuldigt - für seine Irrwege und Fehler auf der Suche nach Wahrheit. Diese gehört nun mal zu seiner Persönlichkeit und falls er jemand verletzt habe, entschuldige er sich dafür und bitte um Verzeihung. Was ist davon zu halten?

Es sind 3:15 Minuten Entschuldigungsvideo für die letzten Jahre, in denen Xavier Naidoo vor allem wegen seltsamen bis harten Verschwurbelungsnachrichten aufgefallen ist: QAnon-Gefasel von gefangenen Kindern, denen etwas aus dem Blut abgezapft wird, damit sich Eliten verjüngen können - eine heutige Spielart der Gräfin Bathory-Geschichte - , Auftritte bei Demos von Querdenkern unter Anwesenheit von Rechten. Xavier Naidoo bezeichnete auf Telegramm den Nationalrat der Juden als "Zentralrat der Lügen" und überhaupt seien alle Juden "in diesen Kinderschänder-Dreck verwickelt". Sehr hartes Zeug also. Laut Bundesverfassungsgerichtsurteil darf man Xavier Naidoo als Antisemit bezeichnen. Und das bezog sich auf Äußerungen vor diesen Telegramm-Posts.

Läßt man all das noch einmal Revue passieren, stellt sich die Frage: Reichen dafür 3:15 Minuten, um das alles auszuwischen?

Xavier Naidoo hat sich immer wieder als Opfer derjenigen hingestellt, die gegen die Wahrheitssuche sind. In seinen 3:15 Minuten ist er wieder Opfer. Er sei geblendet und instrumentalisiert worden. Er gibt auch zu, eigene Fehler gemacht zu haben, was diese aber sind, führt er nicht näher aus. Er habe, durch den Krieg gegen die Ukraine und weil seine Frau aus der Ukraine sei, Gespräche geführt und wurde gezwungen, sich selbst zu reflektieren. Seine Entschuldigung gilt deshalb allen Freunden, Familie und Fans und anderen Menschen, die er durch verstörende Äußerungen irritiert und provoziert habe. Er habe sich Gruppierungen und Theorien geöffnet, die er nicht genug hinterfragt habe und von denen er sich nun komplett distanziere. Er stehe für Toleranz, Liebe und ein Miteinander.

Reicht das?

Tatsächlich erscheint mir dieses Entschuldigungsvideo professionell in der Wortwahl. Vom persönlichen Anstoß für das eigene Umdenken, die eigene persönliche Betroffenheit, über ein Dankeschön für die kritischen Infragestellungen, dem eigenen Erkenntnisfortschritt verbunden mit einer Entschuldigung. Danach die eigene Motivation erklären und dass man auf dem Weg zu einem positiven Ziel abgekommen sei, man sei auch verführt worden, habe den Irrweg aber jetzt erkannt. Für die Turbulenzen entschuldige man sich.

So macht man es in der PR. Genau so hat es Helmut Kohl gemacht viele Jahre nach der Wiedervereinigung: "Ich habe Fehler gemacht". Welche das waren, darüber ließ er seine Zuhörerschaft genau so im Unklaren wie Xavier Naidoo. "PR-Handbuch": Gib Fehler zu, das macht dich menschlich, sag aber nicht, was das konkret heißt, bleib einfach allgemein, so kann jeder, der zuhört, sich darin auch wiederfinden. Halte es genau mit deinen Entschuldigungen. Sag, dass du falsch lagst, sag aber nicht, bei wem konkret du dich entschuldigst. Auch dann kann dir keiner nachrufen, du hättest zugegeben, dass du genau bei ihm falsch lagst.

Ob Xavier Naidoo es wirklich ernst meint, weiß ich nicht. Er hat während des ganzen Videos nur einen einzigen Gesichtsausdruck drauf. Ich würde es ihm wünschen, denn die Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen, ist eine der wichtigsten in meinen Augen. Sie würde einem bewahren, sich überhaupt von QAnon und den übrigen Bodo Schiffmanns dieser Welt vereinnahmen zu lassen. 

Zwei Dinge lassen mich skeptisch bleiben: Erstens die Professionalität dieser Entschuldigung. Aber gut, das ist seinem Status als öffentliche Person geschuldet. Da hält man sich an die Regeln der Kunst der Öffentlichkeit. Und schließlich haben die offiziellen Vertreter der katholischen Kirche es bei den Verlautbarungen über den Kindesmissbrauch wohl ebenso gehandhabt. 

Das Zweite ist wesentlich gravierender: Naidoos Äußerungen über die Juden und das Antisemit-Urteil. Das ist nicht mit Worten wie "Irrweg", "geblendet sein", "Irritation" wegzuentschuldigen. Nach seiner Entschuldigung wäre deshalb auch Aufklärung notwendig. Wenn er sich der stellen würde, das wäre hart, aber würde bedeuten, dass er auf dem Weg ist, sich wieder Achtung zu erarbeiten.


Quellen:

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