Seiten

19. Dezember 2021

Von Weihnachten, Wut und Bereicherung durch Maskendeals

Weihnachten hiess hier in Bayern früher "die stade Zeit" (die stille Zeit). Das mag für Nostalgiker Wahrheit gewesen sein, "stad" war die Zeit um Weihnachten tatsächlich ja  nie. Zu viele Geschäftsinteressen und damit geleistete Überstunden, zu viele Lieferdienste, Postversand, Pakete und obligatorische Feiervorbereitungen alle Jahre wieder. Von den Jahresbilanzen, Budgetanträgen, die man noch schnell in diesem Jahr erledigen musste, ganz zu schweigen. Nein, Weihnachten war alles andere als still. Bis Corona kam. Und was ist dieses Jahr?

Im letzten Jahr waren die Strassen leerer, die Büros nicht so voll, die Kollegen mitsamt den darunter problematischen Exemplaren im Homeoffice und man selber auch weniger den Launen der Vorgesetzten ausgeliefert. Selbst die Suizidrate ging durch Corona regional zurück. Ein gesunder deutscher Arbeitsplatz scheint derjenige zu sein, auf dem man nicht sitzt.

Heuer scheint es auf Ähnliches hinauszulaufen, jedenfalls hier in Bayern. Nicht mehr ganz so still, aber noch "stad". Die interessante Frage ist: Haben wir aus den Erfahrungen etwas gelernt? Der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal sagte einmal, alles Elend käme von der Unfähigkeit der Leute, allein in einem Zimmer sitzen zu können. Können wir es diesmal besser? Oder hat uns das Virus nicht vorgeführt, wie leicht wir aus unserer souveränen Haltung kippen und uns mit geschwurbelten Ersatzsystemen stabil halten wollen? Wie sehr schlummert unter so mancher psychischen bürgerlicher und weniger bürgerlicher Oberfläche die Aggression und ein kleiner Radikalinski, der unbedingt raus möchte? Wie gut oder schlecht können wir wirklich mit unseren Emotionen umgehen?

Ich kenne niemanden, der inzwischen vom Virus nicht genervt ist. Auch wütend. Weil er / sie die berufliche und damit finanzielle Existenz nicht retten konnte, weil sie dermassen angeschlagen ist. Weil auch deutsche Verwaltungen wieder einmal gezeigt haben, dass sie nicht sonderlich souverän sind. Weil sich andere an Maskendeals oder mit sogenannten alternativen Medien und ihren Falschinformationen bereichert haben. Den Vogel hat hier Andrea Tandler, Tochter des CSU-Abgeordneten Georg Tandler, abgeschossen: 48,3 Millionen Euro für die Vermittlung von Maskendeals! OK, sie hatte einen Partner, aber selbst wenn man die Summe halbieren würde, schlägt das bisherige CSU-Abgeordnete um Längen. Schon das wäre ein Grund, wütend zu sein.

Dazu kommt, dass die Anti-Virus - Massnahmen beim Bürger eingeschlagen haben, die grossen Konzerne so viel Geld abgegriffen und dennoch deren Angestellte die Zeche bezahlt haben. Auch dass man so lange Rücksicht auf eine Minderheit nimmt, die ihre mangelnde Fachkompetenz durch Grossmäuligkeit und Beschimpfungsorgien ersetzt hat.

Ich gestehe, ich bin auch wütend darüber. Ich habe aber einen Vorteil: ich kann alleine in einem Zimmer sitzen. Das verhindert, dass man zu viel Energie einfach so hinaus ballert. Mönche in Thailand ziehen sich jedes Jahr während der Regenzeit zu einem monatelangen Retreat zurück. Das lernt einem sehr gut, mit seinen Aggressionen, Enttäuschungen und persönlichen Verletzungen umzugehen. Bestimmte therapeutischen Schulen nehmen heute Anleihen von diesen alten und bewährten Methoden. Manche meiner Klienten übernehmen sie. Es tut ihnen gut. Ihrer Umgebung auch. Weihnachten hat dann nicht nur die Chance auf eine "stade Zeit", sondern auch auf eine friedliche.

Quelle:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen