Der Stoff von Astra Zeneca kann - anders als die Produkte von Biontech und Moderna - in einem Kühlschrank gelagert werden, so dass auch Arztpraxen oder Apotheken die Impfungen verabreichen können, was in Grossbritannien auch geschieht. Zusätzlich zu den ausgewiesenen Impfzentren. Das alles spielt eine Rolle. Aber da ist noch etwas anderes:
Die
Verteilung des Impfstoffs ist ein Nullsummenspiel ist. Wer früher
zugegriffen hat, lässt für die anderen weniger übrig. Aber die
Geschwindigkeit, mit der die vorhandene Menge an die Leute gebracht
wird, sagt einiges über das System des jeweiligen Landes etwas aus und das
heisst: Deutschland ist schwerfällig.
Die Aussage des Talkshow-Teilnehmers, es liege an der rechtlichen Aufklärung, die vor der Impfung gemacht wird, dass es so lange dauert, sticht nicht. Denn so etwas kann man auch anders organisieren. Wozu gibt es die Digitalisierung? Und nein, es geht nicht um unpersönliche Fragebögen im Internet.
Und nein, es geht nicht darum, dass die alten Leute das einfach nicht können. Ich habe alte Australier erlebt, alte Chinesen, alte Leute in Singapur etc., die seit Jahren im Internet zu Hause sind. Viele Behördensachen kann man da gar nicht mehr anders erledigen und nein, nicht jeder alte Mensch in diesen Ländern lässt sich seine Angelegenheiten von seinen Enkeln am PC erledigen. Und nein, Deutsche sind nicht dümmer als Australier, Chinesen oder andere. Sie sind anscheinend aber weniger an der Zukunft interessiert.
Besonders beliebt scheint hier die Redewendung zu sein: "Wir müssen darüber reden, wie wir in Zukunft leben wollen." Reden, anstatt Erfahrung sammeln. Man ist sich anscheinend auch zu gut, um bei anderen, die es besser können, in die Lehre zu gehen. Die Folge: Eine Mehrbelastung für die Menschen, weil es so erstens länger dauert, bis man die Belastung überwunden hat, und zweitens, weil der Weg dorthin schwerer wird.
Auch in der Langzeitperspektive sehe ich gerade schwarz. Wenn man nach der ersten Welle schon keine Lehren daraus gezogen hat, was man dringend verändern muss, um durch das weitere Jahr mit der vorausgesagten zweiten Welle zu kommen, wie soll mit einer solchen Haltung denn gesamt die weitere Zukunft bewältigt werden?
Vermutlich werden alle so schnell wie möglich zum Zustand vor Corona zurückkehren wollen. Patienten mit einer belastenden Diagnose, sei es Depression, Angststörung, Belastungsstörung, Trauma ..., wünschen sich zu Beginn meist, es möge wieder so werden wie vorher. Aber das geht nicht. Diese Dinge gehören, sobald sie sich ereignen, unausweichlich zur eigenen Biographie. Sie erfolgten, weil die Bedingungen so waren, dass sie geschehen konnten. Will man wieder zu den alten Bedingungen vor der Belastung zurück, so kann man fast sicher sein, dass man alles noch einmal durchmachen muss. In dieser Lage ist unser Schulsystem jetzt. Es mutet den Schülern und Eltern zu, die selben Belastungen zu erleben, wie im ersten Lockdown.
Für die Gesellschaft insgesamt gilt etwas ähnliches: Will man alles genau so wie vor Corona, fällt man gegenüber anderen, die ihre Lehren und entsprechende Veränderungen daraus ziehen, weiter zurück. Ist Deutschland bisher schon langsam, wird es noch langsamer. Ist es ineffizienter als andere, wird es noch ineffizienter. Auch hier ist es eine Art Nullsummenspiel. Dem einem sein Vorsprung ist des anderen Rückschritt.
Wir können es durch Geld etwas ausgleichen. Nicht umsonst haben sich 10 LÄndern 75 Prozent des bisherigen Impfstoffes gekrallt. Doch wie lange wird sich die Mehrheit der Länder dies noch gefallen lassen?
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