Für mich persönlich sind Diskussionen über Männer und Frauen gesellschaftlich sehr oft vergiftet und vergiftet meint hier klischeehaft dichotomisiert. Im großen Stil war das das letzte Mal während der Finanzkrise. Da meldeten sich gleich mehrere klischeehaft zu Wort:
- Die Süddeutsche publizierte ein Foto eines erigierten Büroturms zusammen mit der Überschrift "Hochmut kommt vor dem P-H-A-L-L". In Klammern stand: "Im Ernst: Wäre Frauen der ganze Mist passiert?"
- Jóhanna Sigurdadóttir, ihrer Zeit isländische Premierministerin, wollte zur selben Zeit offiziell das "Zeitalter des Testosterons" beenden
- Die Financial Times Deutschland proklamierte„Frauen sind die besseren Finanzexperten. Nun sollen sie die Trümmer der Männer wegräumen"
- Die Politikwissenschaftlerinnen Judith Götz und Eike Sanders erklären, dass bei den Terroranschlägen der letzen Jahren Männer das Problem sind, weil die etwas gegen Feminismus haben und patriarchalische Rollenbilder pflegen
- vor nicht langer Zeit die Werbung eines Rasierers mit moralinaufgeladenen und pädagogisch unwerten Erziehungsgehabe in Bezug auf männliche Rollenbilder
- Natürlich fehlt auch selten das Stereotyp, dass in der Erziehung
Jungen nicht weinen dürfen und Mädchen fürsorglich sein sollen.
Dass das hier eine vereinfachte Einzelaufzählung ist, entbindet nicht von der Tatsache, dass hier Stereotype ein fröhliches Fest feiern: Männer sind das Problem oder sie verursachen es. Man kann es auch kürzer fassen: Rational und Wissenschaftlichw ist das natürlich nicht haltbar, aber dafür medial ausschlachtbar. Persönlich dagegen ordne ich das folgendermassen:
- Punkt eins verbuche ich ganz einfach unter Sexismus
- Punkt zwei unter politischem Imponiergehabe
- Punkt drei ist fachlich unhaltbar
- das mit dem Rasierer war einfach nur peinlich dumm
- dass Jungen nicht weinen dürfen und Mädchen fürsorglich sein sollen ist laut meiner Praxiserfahrung eine Generalisierung statt einer empirischen Aufnahme
- die Positionen der Politikwissenschaftlerinnen führen seltsamerweise mehr Männlicheit als Problem ins Feld als die Indoktrination politischer Agitatoren (Gruß an alle aktiven IS-Frauen)
Wie gesagt, die Geschlechterdabatte erscheint mir zu vergiftet. De facto geht es um Fronten, egal was sonst so behauptet wird.
- die eine Seite wirft der anderen vor, die Mauern hochzuziehen,
- da wird mit Moralin geworfen,
- Opfer-Täter-Diskussionen werden geführt,
- der jeweils anderen Seite werden psychische Defizite unterstellt,
- "toxische Männlichkeit" verwenden die einen als Kampfbegriff (toxische Weiblichkeit existiert dagegen nie), die anderen diagnostizieren "Männerfeindlichkeit" (Differenzierungen existieren nicht) ...
- frauenfeindliche (z.B.: Vergewaltigungswünsche im Netz) und männerfeindliche Dehumanisierungen (z.B. #MenareTrash) sind etabliert
... all das "Übliche", was man erlebt, wenn man Mediation bei hoch eskalierten Scheidungen durchführt. Es geht um Deutungshoheit über die Situation. Strategie: Steinewerfen. Wie gesagt, gut fürs Marketing, für Clickbaits und für Talkshows, nichts für mich.
All das spielt für meine konkrete Arbeit zum Glück keine Rolle. Eine Depression interessiert sich für das Geschlecht eben nicht. Die befällt Max Mustermann und auch Lieschen Müller. so wie das Corona-Virus eben auch.
Die Therapie (wie auch das Coaching) dagegen interessiert sich hauptsächlich dafür, welches Individuum ich vor mir habe, welche individuellen Vorlieben, Stärken, Ressourcen da sind und wie diese individuell unterstützt und gefördert werden können. Hier geht Individualität vor Geschlecht.
Was Rubin Ritter von Zalando entschieden hat, ist ok, wenn es für alle, die es angeht, ok ist. Schön, wenn eine Familie ein Einkommen hat, das so etwas ermöglicht. Die Mehrheit, egal ob Mann oder Frau, die mir begegnet ist, würde auch gerne viel mehr Familie und Karriere unter einen Hut bringen.
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