Seiten

17. August 2020

Was ich von den Corona-Demos gelernt habe

 
Philosophen und Psychologen haben über mehr als 100 Jahre sich viele Köpfe zerbrochen, um Einsichten über den Menschen zu gewinnen. Mit Hilfe einer Pandemie geht das viel schneller. Was mir in der Corona-Krise begegnet ist:


 

 

 

1. Erkenntnisse aus den Hygienedemos


Wenn einem mündigen Bürger nicht auffällt, dass es eine Farce ist, wenn selbst Neonazis Demos unter dem Titel anmelden "Grundrechte schützen", dann hat das einen ganz bestimmten Grund. 

 

Der Satz kam von einem meiner Klienten. Nicht dass ich mich meist über so etwas unterhalte, zu mir kommen die Leutte wegen anderem. Es ist aber nicht abwegig, dass man sich in der ersten Sitzung ein bisschen kennenlernt und in den ersten Minuten sich das Gespräch um anderes dreht.

Ich habe festgestellt, dass ich mit meinen Erlebnissen in den asiatischen Regionen andere Erfahrung mit Demokratiegefährdung habe, als die, die gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Auch wenn ich mit meinen dortigen Bekannten Kontakt aufnehme, dann sind aus deren Perspektive aus gesehen die deutschen Anti-Corona-Maßnahmen-Demos ein erstklassischer Beweis, dass menschliche (Selbst-)Wahrnehmung prima der Realität standhält.

Die Leute liefern gerade den Beweis für das, was Psychologie schon lange weiß: Der Mensch schafft sich seine eigene Gedankenwelt und verteidigt sie mit Zähnen und Klauen. Wenn es hart auf hart geht, verabschiedet er sich dabei auch von der Vernunfteinsicht.

Das meint nicht, dass die Leute Spinner sind. Es bedeutet, dass Menschen grösstenteils nicht  vernunftgesteuert sind, sondern emotional bewegt. Freud hatte Recht. Überhaupt hat die Psychologie Recht.

2. Lernen von den Leuten

 
Erste Erfahrung: Coping-Strategien - Stressresistenz, Analysefähigkeit, Lösungssuche - sind bei den Erwachsenen wenig vorhanden. Panikkäufe waren kein Anzeichen von erwachsener Problemlösefähigkeit.

 

Mit zunehmender Erkenntnis, dass auch morgen noch Klopapier da ist, suchte sich die Panik ein anderes Ventil. Es schlug die Stunde der Verschwörungsideologen und deren Geschäftemacher und anderen Wichtigtuern.



Damit verbunden meine zweite Erfahrung: Die Fähigkeit, Informationen zu beurteilen, ist bei vielen Erwachsenen wesentlich weniger gegeben, als ich es noch zugestanden hatte.

 

Das Internet scheint dabei für meine Generation das zu sein, was für die Indianer der Alkohol war: In ihrer  Kultur gab es keinen und als sie ihn kennenlernten, hatten sie nichts, was ihnen helfen konnte, damit gut umzugehen. Viele kamen damit nicht zurecht, andere degenerierten, wieder andere gingen Schlangenöl-Verkäufern auf den Leim, wurden über den Tisch gezogen etc. So scheint es auch mit dem Internet für manche von uns zu sein. Sie können damit nicht umgehen, fallen auf selbsternannte Corona-Kritiker herein oder werden einfach unflätig in ihren Äusserungen und Kommentaren.

3. Erkenntnisse über die Prediger

Was ist ein Corona-ist-Manipulation-Prediger ohne Opferstatus? Das Gleiche wie ein evangelischer Papst. Oder ein gerösteter Schneeball. So etwas gibt es nicht! Deren Opferstatus verschafft ihnen gesellschaftlich Vorteile, Aufmerksamkeit zum Beispiel. Zudem wird dem Opfer auch keine grosse Verantwortung zugeschoben und wenn doch, dann es es leicht, dem zu widersprechen. Zusätzlich ist es eine Form der Machtausübung. Denn Opfer sein bedeutet, Anspruch zu haben auf  moralische oder andere Arten der Entschädigung, und sei es nur die Lizenz, über die benannten Täter herziehen zu dürfen.

4. Erkenntnisse über Teile unserer Gesellschaft

Spätestens als Menschen, die Gutes tun, als "Gutmenschen" verunglimpft wurden, ist klar, dass Solidarität in Teilen unserer Gesellschaft nicht sehr hoch angesehen ist. Dass z.B. die Arbeitsbedingungen bei Tönnies so sind, wie sie sind, hat ja vorher nie interessiert. Dass Sozialverbände, Gewerkschaften  und sogar ein kleiner Teil der Kirchen seit langem schon dagegen protestiert hatten, hat weder in der Politik noch in der Bevölkerung Resonanz bislang ausgelöst. Erst als die Anwohner am eigenen Leib Einschränkungen erfuhren, gab es einen Aufschrei. Dass die 500g Fleisch eben mal so viel kosten, wie es im Supermarkt ausgeschrieben ist, ist genau eine Folge solcher Arbeitsbedingungen. "Aber Hauptsache, mir geht´s gut", scheint der Verbraucher zu sagen.

"Unterm Strich zähl ich" war ein sehr bekannter Werbeslogan der Postbank. Heute passt er in einem viel umfangreicheren Maße.

Natürlich ist die Postbank nicht für die Gleichgültigkeit gegenüber Ausbeutung anzuklagen. Auch deren Marketingleuten nicht. Markenting-Leute versuchen das zu verwenden, was bei den Menschen ankommt. Wenn das eben Narzismus ist, dann bedienen sie eben diesen Narzismus.


Was uns Corona so schön vor Augen führt:
Den ignoranten narzistischen Teil einer Gesellschaft, der jammert, dass er sich selber zum Vorteil aller einschränken soll.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen