ein neuer Rekord mit: dem Chomolunga oder Sagarmatha auf Nepali; oder einfach in English: Mount Everest |
Was können wir von solchen "Überfliegern" lernen oder sind solche Leute wie Nirmal Purja von uns Normalbürgern zu weit weg?
Nachdem Reinhold Messner mit allen Achttausendern "vorgelegt" hatte, haben es bis heute nur knapp 40 Bergsteiger weltweit geschafft, alle Achttausender zu besteigen. Messner brauchte dafür 16 Jahre. Der bisherige Rekord gehörte Kim Chang Ho aus Südkorea: sieben Jahre, zehn Monate und sechs Tage. Nimal Purgas Leistung ist also gar nicht zu überschätzen: 189 Tage, also sechs Monate und sechs Tage.
Es gibt in der Wirtschaft und unter (Motivations-)Trainern eine lange Tradition: Sich bei herausragenden Experten etwas abzuschauen, es in eine bestimmte Ordnung zu bringen und es als Erfolgsfaktoren für andere zugänglich zu machen. Modelling ist das Stichwort dazu.
Auch auf Youtube findet sich eine Legion an Coaches, die die Gepflogenheiten von Erfolgreichen erklären und zum Nachmachen ermuntern. Frei nach dem Motto: Wenn du dich so benimmt wie es die Erfolgreichen tun, wirst auch du Erfolg haben.
Auch auf Youtube findet sich eine Legion an Coaches, die die Gepflogenheiten von Erfolgreichen erklären und zum Nachmachen ermuntern. Frei nach dem Motto: Wenn du dich so benimmt wie es die Erfolgreichen tun, wirst auch du Erfolg haben.
Der Haken dabei ist: Wenn man sich in den Erfolgsfaktoren täuscht, rennt man sein Leben lang etwas hinterher, was für den Erfolg irrelevant ist.
Die Frage ist also nicht: "Was tun die Erfolgreichen?" Sondern: "Was davon ist wirklich ausschlaggebend für Erfolg?"
Erfolg und was man dafür tun muss, hängt vom Erfolg ab
Was ist Erfolg eigentlich? Gablers Wirtschaftslexikon sagt:Erfolg = das i.d.R. in monetären Größen erfasste bzw. ausgedrückte Ergebnis des Wirtschaftens; ermittelt durch Erfolgsrechnung.
Die Konsequenz dieses Ansatzes: Wenn kein Geld reinkommt, ist es kein Erfolg. Streng genommen kann es zum Beispiel für einen BWLer Erfolg im (unbezahlten) Ehrenamt gar nicht geben. Schon gar nicht in Themenfeldern wie Erziehung oder Partnerschaft. Das sind nämlich Bereiche, in denen Geld eher rausgeht als reinkommt :-). Auch Purgas Weltrekord ist kein Erfolg, wenn seine Leistung nicht monitär ablesbar ist.
Das Beispiel zeigt, je nach Definition, werden bestimmte Erkenntnisse von vornherein ausgeschlossen oder nur bestimmte Ergebnisse gefördert.
Um nicht von vornherein in diesem Abseits zu landen, hat man sich in einem weiteren Entwicklungsschritt statt auf Erfolg, auf Erfolgsfaktorn in bestimmten Umfeldern konzentriert, also zum Beispiel "Erfolgsfaktoren für ein erfolgreich absolviertes Wirtschaftsstudium" oder "Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg von Supported Employment?" oder: "Wiedereröffnung chronischer Koronararterienverschlüsse: Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg?"
Wenn aber Erfolg je nach Umfeld etwas anderes ist, dann kann die Wissenschaft die Frage nach Erfolg generell doch gar nicht beantworten. Zu starkt ist der Einfluss der Umgebung, systemisch gesprochen:
Die Umwelt des Systems, nicht der handelnde Akteur, ist der entscheidende Erfolgsfaktor
Malcolm Gladwell schrieb in seinem Buch "Überflieger" über Menschen, denen wirklich eine sehr gute Karriere gelungen ist. Darin zeigte er, dass Talent und persönliche Leistung mit Erfolg nicht sonderlich viel zu tun haben, sondern ganz Faktoren eine Rolle spielen, zum Beispiel:- der Geburtsmonat für kanadische Eishokeygrößen
- die Arbeitskultur des Herkunftslandes von Piloten
- Ausstattung der Schule für IT-Mogul
- Geburtsjahr
SWOT lässt grüssen
Das ist nicht neu. Jeder BWLer kennt "SWOT-Matrix", die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse. Sie besagt, wenn eines ihrer Elemente abstürzt, kann es die anderen mitreissen. Man kann noch so viele Stärken, noch so wenige Schwächen oder Risiken haben, wenn sich keine Chancen bieten, hat man einfach keine Chance auf Erfolg. Aus ist´s. Chancen und Risiken aber unterstehen ganz erheblich nicht unter unserem Einfluss.
Der qualitative Erfolgsfaktor
Der schwedische Psychologe K. Anders Ericsson von der Florida State hat nach jahrzehntelanger Forschung noch einen anderen qualitativen Faktor herausgefunden. Er nennt ihn "deliberate practice".Dabei geht es nicht um ein Perfektionieren dessen, was man schon kann. "Deliberate practice" meint ein Üben, dort, wo die eigenen Fähigkeiten noch nicht hinreichen. Anders ausgedrückt: Um besser zu werden muss man raus aus der eigenen Komfortzone. Sonst wird es nichts.
Wenn Nirmal Purja erzählt,
"Jeder hat über mich gelacht und gesagt: Wie soll das gehen?"
dann steht zwischen dieser Reaktion und dem Heute eine sehr große Menge an Dingen ausserhalb seiner Komfortzone:
- Er, der Soldat und Angehöriger einer britisch-‐nepalesischen Elitetruppe, trat vorzeitig aus dem Militärdienst aus. Karriereende nach 16 Jahren. Existenz aufs Spiel gesetzt. Ganz bewusst so entschieden.
- Er belud sein Haus mit einer Hypothek, um sein Vorhaben zu finanzieren. Nochmal Existenz und eigene Reserven aufs Spiel gesetzt. Denn wie er sagt: "Nepalesen bekommen diese Chancen nicht." Geld und Sponsoren gibt es nur für ausländische Bergsteiger. Und: "Ein finanzielles Risiko folgte dem anderen."
- Unter Verzweiflung suchte er nach Geld, sammelte über Crowdfunding, führte zahlende Kunden auf einige der Achttausender, um weitermachen zu können. Alles ordnete er seinem Ziel unter. Purja könnte man hier wohl als Getriebenen bezeichen.
Faktor Mensch
Was heisst das alles wohl für ein eigenes Leben, für Beziehungen, Familie etc.? Anhand von Nirmal Purja schwant einem, was "deliberate practice" tatsächlich heisst und warum man selber nicht zur Weltspitze gehört: Weil man nun mal nicht so ist wie Nirmal Purja:
Bereits vorher, 2017, war er innerhalb von fünf Tagen auf drei
Achttausender-Gipfeln "gerannt":
Dieser Mann muss eine Kondition haben wie 10.000 Ochsen! Nein, wir sind einfach nicht so ein Mensch wie Nirmal Purja.- auf dem Mount Everest (8850 Meter),
- dem benachbarten Lhotse (8516 Meter)
- dem Makalu (8485 Meter)
Nirmal Purjas Überzeugung
Wenn man ihn selber fragt, was sein Erfolgsfaktor ist, so wird er mit Folgendem zitiert:"Ich glaube fest daran, dass alles im Leben nur mit Entschlossenheit und einer positiven Einstellung möglich ist. Ich bin entschlossen und habe eine positive Einstellung."
Manchmal verfällt er auch wieder in seinen alten Militärjargon. Dann hört sich dasselbe so an:
"Ich bin kein Schaf, das darauf wartet, vom Hirten herumgetrieben zu
werden. Ich bin ein Löwe, und ich weigere mich, mit dem Schaf zu reden,
zu gehen, zu schlafen. Ich werde nicht auf die hören, die rumjammern und
sich beschweren, denn ihre Krankheit ist ansteckend. Sie sollen sich
den Schafen anschließen. Das Schlachthaus des Scheiterns ist nicht mein
Schicksal."
Nein, wir sind wirklich nicht wie Nirmal Purja. Er hätte auch scheitern können, was wohl unter anderen seinen Tod mit eingeschlossen hätte. Das hielt in nicht davon ab.
Zwei Schlussfolgerungen:
In einem Interview habe ich von einem langjährigen Bekannten von Reinhold Messner mal gehört, es hätte ihn die ungeheure Aggressivität Messners beeindruck, die er aufbringt, um Schwierigkeiten und Hinternisse zu überwinden. Genau das finde ich auch bei Purjas Leistungen.Erfolg ist nur fünf Prozent Inspiration und 95 Prozent Transpiration, soll Thomas Edison mal gesagt haben. Das könnte die Wahrheit sein. Dann hilft da auch kein Motivations- oder Selbstoptimierungs-Coach.
Quellen:
- Definition aus Gablers Wirtschafslexikon
- Anders Ericsson Buch
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