17. November 2018

Schöpfe dein Potential voll aus - warum das ein Fehler ist

Dennis Hof war schon vieles: Eigentümer einer Tankstelle, Betreiber eines Bordells und TV-
Sternchen. Und jetzt bei den gerade vergangenen Midterms-Elections in USA hat er als Republikaner gegen die Kandidatin der Demokraten mit Zweidrittelmehrheit (etwa 63 Prozent) gewonnen. Jetzt sitzt er im Unterhaus im Bundesstaat Nevada. Dennis Hof hat also sein Potential gut genutzt. Nur schade, dass er dabei tot war.

Über unser Potential und warum das problematischer ist als gedacht. Auch wenn wir nicht tot sind.

Wer Chancen nicht ergreift, wer nicht sein Bestes gibt, wer nicht seine Möglichkeiten nutzt, der fällt zurück. Ob wir beruflich oder privat weiterkommen, ist nicht so sehr eine Sache von dem, was hinter uns liegt und was wir schon geleistet haben, sondern ob sich unser Gegenüber von uns etwas verspricht.

Schliesslich stellt ein Unternehmen stellt nur jemanden ein, an den es Erwartungen hat. So ein Vorstellungsgespräch ist im Grunde nichts weiter, als ein Herantasten, ob die gegenseitigen Erwartungen matchen. Denn tatsächlich hat niemand eine Kristallkugel und kann sagen, ob die erstklassigen Führungszeugnisse über die Vergangenheit eines Bewerbers garantieren, dass er / sie in Zukunft auch weiterhin solche Leistungen bringt. Tatsächlich kann jeder auch einfach beschliessen, in Zukunft nur Dienst nach Vorschrift zu machen, egal wie viel er vorher geleistet hat. Oder es braucht nur ein kleines Blutgerinsel im Hirn und vorbei ist es mit der Leistungserbringung.


Natürlich rechnet keiner, dass so etwas passiert. Wäre das der Fall, wären alle Einstellungsgespräche  sinnlos. Was auch wieder eine Erwartungen ist, ein Potential.

Ratgeber helfen nicht ...

Entsprechend sind die Bücherregale voll mit Ratgeber, wie man sein Potential voll ausschöpfen kann. Und sie alle haben grosse Versprtechen im Kielwasser:
  • man könne seine Blockaden überwinden
  • man könne Großes bewirken
  • man könne sich seine Träume erfüllen
  • man könne glücklich sein
Und noch vieles andere mehr. Die Methoden, mit denen man so etwas erreicht, gleichen sich ebenso. Je nach Richtung soll man sich auch mit seiner tiefen inneren Weisheit verbinden, seinem Herzen folgen, sich selbst spüren, eine Morgenroutine entwickeln (weil erfolgreiche Menschen eine haben), ein Produktivitätsmanagement sich zulegen, aus der Komfortzone raus, Verantwortung für sein Leben übernehmen, sich vegan ernähren und (un-)bewusste Blockaden beseitigen.

Ehrlich gesagt geht es meistens nicht über das Niveau eines Abreisskalenders hinaus.

... weil Potential in Realität nicht existiert

Tatsächlich ist Potential etwas, das nur als Möglichkeit vorhanden ist. Während das Talent schon einmal anhand von Taten aufgefallen ist, liegt das Potential im Auge des Betrachters. Es sei denn, man will man den Begriff selbst weit fassen. Aber dann könnte letztendlich  man alles als Potential ausgelegt werden und der Begriff wird unbrauchbar, weil inhaltsleer. Man kennt es auch drastisch ausdrücken: Potential ist, was der Betrachter aufgrund eigener Vorstellungen vermutet.

Was Potential wirklich ist

Das macht es ersten schwierig, irgendwie objektiv so etwas wie Potential überhaupt zu erkennen, und zweitens nochmal schwierig, ein Potential zu fördern.Nichts desto weniger gibt es genug Förderprogramme in Unternehmen: Seminare, workshops, coachings, mentoring ... Manchmal klappts, manchmal nicht. Warum? Genau aus diesen besprochenen Gründen!

Auf Potential zu setzen ist wie eine Wette an der Börse. Steigt der Kurs oder wird er fallen? Man weiss es nicht. Man hat nur ein paar äussere Daten aus dem, was bisher gelaufen ist. Aber das hat man beim Pferderennen auch. Man kann die Trainigsverläufe der Pferde und ihre gelaufenen Rennen analysieren, aber das wars auch schon.


Nie mit einbezogen werden kann die tatsächliche intrinsische Entscheidung des Potentialträgers. 

Wenn der Ingenieur partout weiter tüfteln will, anstatt sich als Manager weiter zu entwickeln, hilft  alles Potential nichts. Wenn das Pferd lieber über Wald und Wiese rennt und dem Galoppieren im Kreis herum nichts abgewinnen kann, hilft auf Dauer weder Peitsche noch Zuckerbrot.

Und so gerät das Potential wieder in Abhängigkeit zur Persönlichkeit in Kombination mit als sinnvoll und nützlich empfundenen Aufgaben und Tätigkeiten, die real vorhanden sein müssen. Anders ausgedrückt: Ob jemand sein Potential ausschöpfen kann und will, ist überwiegend abhängig von der Umwelt, die dies zulässt.

Potential erkennen, wenn es nur vermutet werden kann

Nochmal zurück zur Frage, woran denn ein Potential erkennbar ist, wenn es letztendlich nur eine Vermutung ist?


Manche sagen, sie würden Potential daran erkennen, ob jemand bereit sei, sich immer wieder neue Kompetenzen anzueignen. Kurz gesagt: Lebenslanges Lernen.


Das löst aber nichts. Man hat immer noch die selben Schwierigkeiten. Denn entscheidend ist nicht nur die Bereitschaft zum Lernen, sondern entscheidend ist, das Gelernte auch abrufen zu können, wenn es gebraucht wird. Das erkennt man aber immer erst hinterher.

Andere sagen, wir erkennen das Potential - also die Bereitschaft zum Lernen - daran, dass sich der Mitarbeiter für unsere Entwicklungsangebote interessiert. Tatsächliches Problem: Interesse heisst noch nicht viel. Ich interessiere mich für vieles (Geschichte, Zen, Fotographie, Individualreisen, Finanzgeschäfte, interkulturelles Arbeiten, Gesundheit, psychische Stabilität, Krisen überwinden ...), aber nur aus wenigen mache ich etwas (der Tag hat nur 24 Stunden und immer geht ein Thema auf Kosten des anderen).


Talent dagegen hat mehr Realitätsbezug. Rennen wir nicht dem schwammigen Begriff Potential nach. Auch wenn er noch so schön glänzt.

Was uns wieder zu Dennis Hof zurückführt. Der ist eine Ausnahme von dem, was ich gerade gesagt habe. Und diese Ausnahme gibt es wohl nur in Amerika, das Land der wirklich unbegrenzten Möglichkeiten, wo selbst Tote noch eine politische Zukunft haben.

Anhang:

Der Grund für die Wahl eines Toten war schlichtweg die Tatsache, dass der Name des Verstorbenen auf der Liste bleibt, wenn aus der Partei keine Änderungsmeldung erfolgt. Wird er dann wiedergewählt, nimmt jemand anders aus der Partei den Platz ein

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