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3. Juli 2016

Wie Heilung funktioniert

Unsere Innenwelt unterliegt eigenen Gesetzen. Nicht immer funktioniert dort das, was in der Außenwelt hinhaut. Wenn Ihr Auto einen Platten hat, wechseln Sie einfach den Reifen. Wenn Sie eine Depression oder eine Angststörung haben, was wollen Sie da auswechseln? Ihren Kopf? Was die Frage aufwirft: Wie funktioniert Heilung eigentlich?

Im Äußerlichen ist es oft eine Ursache. In unserem Inneren dagegen sind es überwiegend mehrere.

In der äußeren Welt können Sie zum Beispiel genau feststellen, warum Sie sich das Bein gebrochen haben: Weil Sie auf der Treppe gestolpert und dann diese hinuntergefallen sind. So etwas nennt man linear-kausale Ursache. Das eine bewirkt das andere.

Im Inneren gibt keine allgemein gültige Schraube, an der man drehen kann

Mit linear-kausalen Modellen können Sie Ihrer Psyche äusserst selten beikommen. Die Methode "Wenn doch nur das oder jenes wäre, dann funktioniert schon wieder alles" ist zwar bei vielen ein verbreiteter Gedankengang, aber ein Trugschluss. Es haut so nicht hin. Das zu wissen, erspart Ihnen viel Enttäuschung und Sackgassen.

Es geht nur mit dem Problem, nicht ohne

Es ist wie bei einer Wunde: Wer sie versorgen will, der muss sie zuerst desinfizieren. Das brennt. Dann muss er sie vielleicht nähen. Das tut weh (wir haben in der Psyche hier keine Betäubung). Dann erst kann sie heilen. Was wiederum nichts anderes bedeutet, als dass sie furchtbar juckt und zwickt. Aber sie heilt.
Mit anderen Worten: Wer zum Beispiel die Angst loswerden will, muss sich in die Angst begeben.Wer etwas gegen Depression tuen will, muss sich der gefühllosen  Leere annehmen, die in ihm entstanden ist. Das heißt, es wird gefühlt zuweilen etwas schlimmer, bevor es besser wird.

Mit sich selbst, mit seinen Verletzungen, Enttäuschungen und Krisen zu beschäftigen, ist kein Friede, Freude, Eierkuchen-Spiel.

"Wer andere besiegt, ist stark. Wer sich selbst besiegt, hat Macht"

Das steht im Tao Te King, Kapitel 33 (800-200 v.C.). Es ist immer leichter, Dinge in der Außenwelt zu kontrollieren. Es ist einfacher, eine Maschine zu reparieren, als sich selbst ins Gesicht sehen zu können. Wir Menschen schaffen es, Dinge zu entwerfen, mit denen wir im Weltraum überleben können, bekommen aber die Krise, wenn wir 30 Minuten lang still auf einen Kissen sitzen sollen (das ist nur eine Erfahrung aus meinen Zentraining).

Die Arbeit an sich selbst bietet große Herausforderungen. Sich denen zu stellen ist nicht jedermanns Sache, ist jedoch unschlagbar, wenn es darum geht, Belastendes zu lösen.

Wenn du es nicht willst, hast du es schon

Haben Sie schon einmal versucht, einen Gedanken aus Ihrem Kopf oder irgend ein Gefühl zu verbannen? Genau: Es funktioniert langfristig nicht. Ganz einfach. Es funktioniert nicht. Sie können die unerwünschten Gedanken und Gefühle 100mal wegschieben, sich ablenken etc., sie werden immer wieder zurückkommen. Erst wenn wir das klar sehen, haben wir die Chance, es anders zu machen.

Bislang haben fast alle, die ich kennengelernt habe, versucht, ihre Energie so einzusetzen, dass sie gegen das Belastende, gegen die Symptome, gegen die Welt gekämpft haben. Zu ihrer eh schon harten Zeit kam also noch eine "Kriegszeit" hinzu. Doch so lange wir instinktiv versuchen, das, was wir als unangenehm beurteilt haben, von uns wegzuschieben, werden wir es nicht los.

"Wenn du es nicht willst, hast du es schon", lautet ein geflügeltes Wort in meiner Therapierichtung.

Wir haben die Möglichkeit, unser Leiden zu verringern, es auch zu beenden. 

Nur nicht mit dem Denken und den Strategien, die uns die vorherige Generation durch Erziehung beigebracht hat. Zum Glück wissen wir um bessere Strategien durch die Wissenschaft. Das Gute daran ist: Jeder kann es lernen. Es ist größtenteils Übungssache (Genaueres gibt es in meiner Praxis, aber das ist ein anderes Thema). Aber es lohnt sich.

Alle anderen, die das nicht wollen, müssen eben weiter machen wie bisher.

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