- Sie machen sich im Fernsehen zum Affen,
- sie bleiben in Beziehungen, die ihnen nicht guttun,
- sie folgen lieber dem Altbekannten, statt dem Neuen.
Woher kommt der Drang nach Anerkennung?
10 Tote, mehr als 1000 Verletzte. Das ist z.B. die bisherige Bilanz der Polizei 2015 in Russland. Nein, es geht um keine Terroristen, Ukraine-Konflikte etc. Die Toten und Verletzten sind Resultat von Aktionen, um ein möglichst cooles Selfie zu schießen. Vor allen Frauen und junge Mädchen, in Deutschland die zwischen 12 und 16, ist es wichtig, in sozialen Netzen auf ihren Profilen gut rüberzukommen. Dazu gehen sie schon ein Risiko ein:
- letzte Woche starb eine junge Frau beim Sturz von einer Brücke. Weil sie ein spektakuläres Selfie machen wollte.
- im Mai 2015 hat sich eine 21jährige in den Kopf geschossen. Sie wollte ein Selfie machen, auf dem sie sich eine 9mm-Pistole an den Kopf hielt. Sie drückte aus Versehen den Auslöser am falschen Gerät. Sie überlebte nur knapp.
- Ein Selfie mit Kreuzotter. Keine gute Idee. Zwei Fälle, in denen das probiert wurde, endeten mit Bissen. Kreuzottern sind giftig.
- zwei Leute starben, weil sie sich mit einer Handgranate in der Hand photografieren wollten. Das Ding ging los. Die beiden konnte man anschließend im Eierbecher servieren.
- ein Jugendlicher kletterte auf eine Eisenbahnbrücke für ein Selfie. Dabei berührte er ein Starkstromkabel. Tschüss!
Quer durch die Länder
Das alles geschah in Russland. Aber auch in USA ist es nicht viel anders. Laut einer repräsentativen Umfrage gaben 17 Prozent der Bevölkerung an, während des Autofahrens Selfies zu schießen. Freitag vor 14 Tagen versuchte Mohamed Aslam Shahul aus Singapur in Bali auf einer Klippe ein Selfie zu machen. Er fand die Erkenntnis, dass den Auslöseknopf zu betätigen und sich gleichzeitig mit beiden Händen festzuhalten, nicht funktioniert. Nur wird er diese Erfahrung niemanden mehr erzählen.Und Deutschland? 2011 ging eine Nachricht aus Memmingen durch die Presse, dass zwei Mädchen, 13 und 16 Jahre, auf den Gleisen ein Selfie machen wollten. Was von ihnen übrig blieb, war sehr unschön. Die handys blieben ganz.
2013 konnte der Lokführer einer Regionalbahn im westphälischen Lünen gerade noch bremsen, als zwei Mädels, 14 und 15 Jahre alt, die selbe Idee hatten.
Das alles ist nicht neu. Ich denke an die Beerdigung eines Jungen, der U-Bahn gesurft ist. Er hing sich aus dem Fenster, unter dem Gejohle seiner peergroup. Dann kam der Gegenzug.
Was bringt junge Leute (und Erwachsene) dazu, ihr Leben für so einen Blödsinn aufs Spiel zu setzen?
Diese einfache Frage ist ganz leicht zu beantworten: Ihr Wunsch nach Beachtung. Jemand soll sagen, schaut her, die oder der ist ein ganz toller Hecht.Dieses im Mittelpunkt stehen wollen und der Größte zu sein, ist keine Domäne von Männern. Wahrscheinlich war sie auch noch nie. Frauen haben den Drang ebenso. Was wollen Jungs sein? Der Held! Was spielen Mädchen gerne? Prinzessin! Was erwarten wir uns vom Partner, vom Chef, von unseren Freunden, Bekannten? Beachtung!
Was gibt es größeres als das Kompliment, das Michel Friedmann im Interview Marcel Reich-Ranitzki einmal gemacht hat:
Ihre Freunde bewundern Sie und Ihre Feinde achten Sie!
Ihre Freunde bewundern Sie und Ihre Feinde achten Sie!
Wir wollen gesehen werden. Dafür gehen wir über Leichen. Auch unsere eigenen. Irgendwo habe ich einmal ein Graffitti gelesen. Es lautete:
Gibt es intelligente Leben in diesem Universum?
Und darunter hatte jemand gesprüht: Ja, aber ich bin nur zu Besuch hier!
Ich weiß nicht, vielleicht liebt es am Alter, aber mein Glaube an die Intelligenz von uns Menschen bröckelt so langsam. Dabei sind die Jungendlichen nicht das Problem. Denn woher lernen die wohl die Sucht nach Anerkennung. Wohl erstens nur dadurch, dass wir unseren Kindern nicht genug davon mitgeben; und zweitens, indem sie von uns sich abgucken, dass Erwachsene sich selber für Anerkennung die Beine ausreißen.
Wir sind doch alle ziemlich einfältig, oder?
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