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14. Juli 2014

Gewalt gegen Frauen und der Umgang mit Wahrheit

Jede dritte Frau ist Opfer von Gewalt, sagte eine EU-Studie März 2014. Viele Printmedien druckten diese Schlagzeile einfach ab. Ich schenke mir die ganze Auflistung und gebe nur ein Beispiel an. Aber google hilft., wenn man es überprüfen will. Wichtiger ist der Inhalt. Und zu dem hat man als jemand, der mit Paaren arbeitet, ziemliche Zweifel an dieser Aussage.


Dänemark (52 Prozent), Finnland (47 Prozent) und Schweden (46 Prozent) sollten laut Ergebnis die gewalttätigsten Länder sein, wenn es gegen Frauen ab 15 Jahren geht. Schon das macht stutzig. Warum ausgerechnet dort?

Die Studie

Kritiker weisen darauf hin:
die Frauen wurde zuerst telefonisch kontaktiert und mit der Anonymität am Telefon spricht sich über Gewalt leichter als in einem face-to-face-setting.
Was daran stimmt, ist, dass die Schamgrenze am Telefon anders gesetzt ist, als im persönlichen Gespräch. Es könnte also zu Verzerrungen gegenüber anderen Ländern kommen, bei denen nicht so vorgegangen wurde.

Gravierender ist, dass die Definition von "Gewalt" viel zu breit angesetzt wurde für klare Aussagen. In der Studie fällt fast alles darunter, von Schubsen bis einschließlich Angriff mit einer Handfeuerwaffe.

Wenn ich Gewalt so unpräzise definiere und unterschiedlichste Dinge in einen Topf schmeiße, so bekomme ich kein sauberes Ergebnis, sondern einen "Eintopf mit allen, was sich noch in der Küche befunden hat". 
Wenn es keinen Unterschied macht, ob ich jemand einen Klaps auf den Po gebe oder ihn mit dem Messer attakiere oder ihm eine Kugel in den Bauch jage, dann stimmt was nicht.

Und tatsächlich: Inzwischen haben Forscher diese Studie zur "Unstatistik des Monats" erklärt. Der Grund: so viele methodische Fehler, dass sie im Ergebnis mit Note "ungenügend" durchfällt.

Systematische Therapie: Wissenschaft als Haltung

Wissenschaftliches Vorgehen bedeutet vor allem differenziertes Denken. Die systematische Therapie hat diese Haltung übernommen. Wir klassifizieren die Menschen nicht oder teilen sie ein in bestimmte Cluster. Wir blicken von außen auf das, was sich uns zeigt, und dadurch, dass wir keine Geschichte damit haben und keine persönlichen Verwicklungen, auch weil wir kein richtig oder falsch vorgeben, können wir Dinge sehen, die die Betroffenen nicht wahrnehmen können, weil sie zu sehr in die Dynamik des Geschehens verwickelt sind.

So jemand hat mehr Möglichkeiten, andere Ideen zu entwickeln; und das auf dem Hintergrund einer eigenen Fachkompetenz.

Wie viele systemische Therapeuten würde ich allerdings darauf bestehen, dass niemand den Impulsen blind glaubt. Statt dessen sind sie wie alle Hypnothesen zu überprüfen. Erst danach können wir dann entscheiden, was die nächsten Schritte wären.

Systemische Therapie ist also mehr ein Durchspielen und Überprüfen als ein Verschreiben von Rezepten und schon gar keine Belehrung eines Unkundigen durch einen Experten.

Eines haben Studien zu Themen zu Gewalt und Geschlecht mit Themen aus der Paartherapie gemein: 

Man muss aufpassen, dass man nicht irgendwelchen Einzelinteressen aufsitzt, die bewusst-unbewusst die Realität für andere Zwecke instrumentalisieren wollen. Das Thema Mann - Frau wird dadurch leicht ideologisch aufgeladen.


Wo die deutsche Gesellschaft hinsichtlich religiösen Ideen toleranter geworden ist, herrscht bei Männer- oder Frauenbilder oftmals schnell Krieg. Vielleicht ist das so, weil das eigene Geschlecht einem nun einmal näher ist als eine metaphysische Annahmen über eine jenseitigen Welt.
Zum anderen haben sich die Geschlechterrollen in Deutschland innerhalb einer / zwei Generationen stark gewandelt und eine Richtung, wohin es gehen soll, existiert (noch) nicht.


Wo aber nicht klar ist, wo und wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten jetzt zu gewichten sind, füllen neben vernünftigen Ansichten auch unsinnige die Lücke. Mann-Frau ... das ist mehr kulturell bedingt, als es Männer und Frauen bewusst ist und gerade bei kulturellen Gegebenheiten gibt es keine Wahrheit, sondern zeitbedingte und geographisch begrenzte Aussagen.


Leider ist uns das meist nicht bewusst, sondern wir verteidigen - vielleicht auch aus Gewohnheit - unsere Meinung über Männer und Frauen als zeitlich übergeordnete Wahrheit. Nicht immer bringen wir die nötige Distanz zu unseren Themen auf.

Bei betroffenen Paaren in Therapie, bei denen oft eine intensive Leidensgeschichte dahinter steckt, ist das oft normal und niemand braucht hier einen Vorwurf zu konstruieren. Aber für den Rest ist es kein gutes Qualitätsurteil.

1 Kommentar:

  1. Anonym24.8.14

    Wenn es um Frau und Mann geht, können uns im Leben weise gewordene Menschen oft gute Orientierung geben. Eine solche lautet: „Kämpfe um die Liebe deiner Frau! Die drei wichtigsten Strategien, die Liebe einer Frau zu erhalten, heißen: zuhören, zuhören, zuhören – ohne kluge Ratschläge zuhören. Frauen wollen Verständnis für ihre Gefühle, keine Ratschläge und keine Lösungen.
    Kämpfe um die Liebe deines Mannes! Die drei wichtigsten Strategien, um die Liebe deines Mannes zu erhalten, heißen: nicht kritisieren, nicht kritisieren, nicht kritisieren – ihn anerkennen, so wie er ist. Ein Mann sucht bei seiner Frau Anerkennung und Bewunderung, keine Erziehung.“ (Jürgen Todenhöfer, Teile dein Glück und du veränderst die Welt, München 2012)

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