16. März 2014

Was schwer zu ertragen ist - manchmal muss es einfach raus!

Ich mag Eltern. Ich weiß, wie viel Nerven man braucht und vor welchen Problemen man heute steht. Probleme, die die vorherige Generation überhaupt nicht hatte. Die Anforderungen und Überforderungen sind - so jedenfalls mein Eindruck - heute vielfältiger als in der Zeit unserer Großeltern. Doch bei einem kann ich beim besten Willen nicht mit. Denn ich halte es ehrlich gesagt für eine riesengroße Ausrede.

Um was geht es?

Zuweilen spreche ich mit Leuten aus dem Bildungssystem (das kommt vor, wenn man selber auch Kurse gibt). Was ich schon wusste, und mir von Lehrern bestätigt wurde, war, dass inzwischen ein bestimmter Prozentsatz der Kinder ohne Frühstück in die Schule kommt. Nicht, weil der Kühlschrank zuhause leer ist, sondern weil die Eltern zu spät aufstehen und dann keine Zeit mehr haben, ein Brötchen zu schmieren.

Ich habe den Kopf geschüttelt, als ich dies erfahren habe. Nicht das mit dem "ohne Frühstück", sondern dass die Eltern wegen ihrer Kinder nicht aufstehen. Meine Klienten sind nicht so, sie kümmern sich alle um ihre Kinder (manchmal eher zu viel). Wie soll das gehen, dass Eltern nicht zum Aufstehen bereit sind?

Auch darauf wussten die Lehrer eine Antwort: Die Wirtschaft und der Beruf stresse so sehr, dass die Erwachsenen keine Kraft mehr haben, um früh aufzustehen und ihren Kindern Frühstück zu machen.

Ehrlich gesagt, ich kaufe das nicht!


Ich habe die Reisfelder in Asien kennen gelernt - und die Leute, die darauf arbeiten: Bei 40 Grad im Schatten, stundenlang in gebückter Haltung, eingemummt wie der Ku Klux Clan, um sich vor der Sonne zu schützen ... nach ungefähr 30 Minuten fühlt sich der Rücken an, als würde er brechen. Nach weiteren 30 Minuten kriechst du wie ein lahmer Hund. Und du hörst dich auch genau so an. Und dann geht es noch 9 Stunden weiter so.

Aber diese Leute machen das tagelang. Anschließend sorgen sie für ihre Familie, vorher machen sie die Kinder für die Schule fertig.

Jetzt bin ich über folgenden Artikel über einen alleinerziehenden Vater gestolpert. Hier seine Leistung:



Ich frage mich angesichts all dem nur, warum anscheinend asiatische Eltern ohne soziale Sicherung, ohne organisierte Armenspeisung von den Tafeln, ohne Kindergeld, ohne Steuererleichterung, ohne Auto hundertmal mehr Energie zu haben scheinen als diese deutschen Eltern, von denen die Lehrer sprachen?


Wenn der Job hier die Deutschen so erschöpft, dass sie ihren Kindern kein Frühstück machen können, wäre es denn dann nicht besser, sie würden mit den Reisbauern in China, Kambodscha, Thailand etc. tauschen? (Achtung Ironie!) Was soll diese komische Entschuldigung, dass jetzt der Job Schuld daran sein soll?

Die Geschichte von Op

Ich erinnere mich an Op. Op war acht Jahre alt und ging hinter einem Wasserbüffel her. Hinter dem Wasserbüffel, aber neben dem Pflug, der am Rücken des Büffels angeschirrt war. Dass Op hier war und den Büffel über die  Felder lenkte, war seinem Familiensinn geschuldet: Er half seiner alleinerziehenden  Mutter, indem er für ein paar kleine Münzen das Feld des Nachbarn pflügte.

Nun sind Wasserbüffel und kleine Jungs nicht immer ein eingespieltes Dreamteam und eine scharfe Sichel etwas, wovor man Abstand halten sollte.
Doch nicht immer geht es so, wie es soll: Bei einer Wende stapfte der Büffel ein paar Schritte zu viel und zu schnell und Op kam nicht mehr rechtzeitig weg. Die Pflugsichel trennte ihn sauber den großen Zeh ab.

Mitten im Land, im Schmutz der Böden, wo Wildtiere, Giftschlangen und andere Unliebsame vorbeischauen können, kann so eine Verletzung schwere Folgen haben. Blutvergiftung ist hier nur eine Möglichkei.
Glücklicherweise wurde andere Kinder auf Ob aufmerksam und holten Hilfe.

Die Wahrheit aber war: Nach Krankenhausaufenthalt und vier Tagen Ruhe, war Op wieder mit dem Wasserbüffel auf dem Feld unterwegs. Er humpelte auf Krücken. Um Geld zu verdienen. Um seiner Mutter zu helfen.
Der Achtjährige dort in Kambodscha hatte anscheinend mehr Mumm in den Knochen als die deutschen Eltern, die der Job so geschwächt hat, dass sie nicht mal mehr ihren Kindern Frühstück machen können.

Erschöpfung oder nur Ausrede für Gleichgültige?

Vor einiger Zeit berichtete mir ein Anwalt von einem Fall von Kindesmissbrauch, bei dem er das damalig fünfjährige Opfer vor Gericht vertreten habe. Der Missbrauch fand im Ehebett statt. Durch den Vater. Die Mutter lag daneben, angeblich hatte sie von all dem nichts mitbekommen.

Der Richter glaubte dieser Darstellung nicht, aber das Gegenteil war nicht zu beweisen, folglich kam sie ohne Konsequenzen davon.

Als ich diesen Fall einmal vor Publikum erwähnte, spritzte eine Zuhörerin auf wie Fett in der heißen Pfanne und in erhobenen Tonfall hielt sie eine Standpauke, was ich mir einbilde, so etwas in Zweifel zu ziehen. Denn die Mütter heutzutage seien ja alle so erschöpft und ob ich denn wüsste, wie ausgelaugt man heute als Frau so sei. Es sei völlig klar, dass man vor lauter Erschöpfung da nichts mitbekäme.
Nur zur Erinnerung: wir reden hier um eine Vergewaltigung einer Fünfjährigen, deren Mutter auf der selben Matratze auf Armlänge daneben lag, als es geschah.

Früher galt es als schick, einen vollen Terminkalender zu haben. Vielleicht gehört es nun dazu, erschöpft zu sein, denn dies scheint als Entschuldigung für vieles zu gebrauchen zu sein: zum Beispiel, dass ich kein Frühstück mehr machen kann oder einfach nur schlafen muss, während mein Kind neben mir vergewaltigt wird. Leute, das ist blöd!

Jetzt könnte man mir vorwerfen, ich hätte das auch weniger grob ausdrücken können ...  stimmt ... . Aber warum sollte ich das tun? Es wird deshalb je nicht weniger blöd!

Ich lieber noch einen drauf: Ich hätte einen Therapieplan für die Frau. Ich bin sogar sicher, er würde etwas bewirken. Nebenbei würde er auch ihre körperliche Konstitution fördern, was für eine zukünftige Erschöpfung sogar präventiv sein würde.

Es ist eine Arbeitstherapie. Einen Monat lang. Auf kambodschanischen Reisfeldern.

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