24. März 2016

Wie Sie jede Therapie zum Scheitern bringen

Vorsicht, dieser post benötigt die Fähigkeit, Satire zu erkennen ebenso, wie die Bereitschaft, zwischendurch in Schmunzeln ausbrechen zu können. Befinden Sie sich in einer Welt, die beide Fähigkeiten als unnütz, kindisch oder als nebensächliche soft skills einstuft, lesen Sie bitte nur in Begleitung eines für Traumabehandlung ausgebildeten Therapeuten weiter :-)


1. Zögern Sie den Therapiebeginn möglichst lange hinaus

Ziel: Die Leidensphase verlängern

Halten Sie an der Grundüberzeugung fest, es gibt für Ihr Problem genau die eine richtige Therapiemethode. Diese gilt es zu finden, sonst ist alles gleich von Anfang an Mist.

praktische Vorgehensweise dazu: 

  • Gewinnen Sie erst einmal einen Überblick über alle Therapiemethoden.
  •  Fragen Sie dazu vor allen Patienten, die noch nie Patienten waren. 
  • Fragen Sie dabei so allgemein wie möglich, zum Beispiel: "Was halten Sie von der Methode xyz?"
  • Wägen Sie sich alle (wirklich alle) Vor- und Nachteile einer Therapiemethode ab und prägen Sie diese sich ein. Damit Sie nachher beim Therapeuten darüber diskutieren können.
All das wird Sie nicht mit Ihren Problem weiterbringen, verlängert aber Ihre Leidensphase enorm.

2. Bleiben Sie stets im Zweifel, ob Ihr Problem überhaupt therapiefähig ist

Ziel: eine Endlosschlaufe an Diskussionen produzieren

Das Ergebnis soll der ständige Zweifel ist, der Sie anschließend hindert, es überhaupt einmal zu versuchen

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Im Internet gibt es z.B. hundertausend Foren und Chats, in denen Sie Ihr Problem breit diskutieren können. Am besten, bei mindestens fünf Foren parallel. Sind Sie nicht internetaffin, dann erzählen Sie es allen möglichen Leuten, Nachbarn, Freunden, Seelsorgern etc. Erzählen Sie es immer wieder.
  • Achten Sie dabei am meisten auf Kommentare, die sich gegenseitig ausschließen.
  • Bei Ihrem Erzählen sollten Sie viele Wiederholungen platzieren und sich auch mehrmals im Kreis drehen. Das zeigt anderen schon im Vorfeld, dass Sie kein zielgerichtetes oder effektives Vorgehen wünschen. 
  • Wenden Sie die selbe Strategie später bei Ihrem Therapeuten an. Sagen Sie bei jedem Treffen, dass Sie sich unsicher seien, ob Sie hier richtig sind oder ob das hier überhaupt was bringt. 
  • Auf Impulse vom Therapeuten antworten Sie am besten immer mit "Ja, aber ... ."
All das bringt Sie nicht weiter, verschlechtert aber die Stimmung und Motivation derer, die Ihnen wirklich helfen könnten. Ausserdem bestätigt es Sie in dem Glauben, dass Ihnen niemand so richtig helfen kann.

3. Erzählen Sie Ihrem Therapeuten nie das volle Ausmaß Ihrer Schwierigkeiten

Ziel: Nicht zum Kern kommen, sondern durch Nebenschauplätze verwirren

Viel reden, aber wenig sagen, damit kann man jede Stunde füllen. Es soll der Eindruck eines komplexen Problems entstehen, das aber doch eigentlich Sie gar nicht berührt.

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Suchen Sie sich ein Nebenthema, über das Sie aber lange reden können. 
  • Bestehen Sie darauf, dass Gefühle auf jeden Fall unter Kontrolle zu halten sind. Weinen, Trauer, Verzweiflung ... all das sollten Sie verschweigen. Was könnte der Therapeut denn sonst von Ihnen denken?  Das sollte Ihre wichtigste Sorge sein.
  • Ist das nicht durchhallter, tragen Sie belastende Gefühle mit gefassten, am besten sogar munteren, souveränen Tonfall vor. Es soll der Eindruck bleiben, dass Sie über den Dingen stehen.
All das verhindert, dass man das Problem bearbeiten kann, erweckt aber den Eindruck, dass Sie wirklich etwas tun.

4. Brechen Sie sofort ab, wenn Ihnen etwas nicht in den Kram passt oder drohen Sie damit

Ziel: Vermeidung von Veränderung

Bringen Sie den Therapeuten in Zugzwang, indem Sie Ihre Anlässe nutzen, Empörung und Konsequenzen gegen den Therapeuten richten

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Falls der Therapeut Ihnen einmal widerspricht oder etwas sagt, das Ihnen nicht gefällt, bleiben Sie bei der Überzeugung, Sie allein hätten die Wahrheit und der Therapeut versteht Sie einfach nicht. Überhaupt liegt der Irrtum immer auf Seiten des Therapeuten. Stellen Sie infolgedessen gleich die gesamte Therapie in Frage. 
  • In der nächsten Therapiestunde kann man die Zeit dann damit verbringen, an der gegenseitigen Kommunikation, anstatt am eigentlichen Thema zu arbeiten
  • Vollprofis jedoch wechseln sofort den Therapeuten und fangen bei einem anderen wieder ganz am Anfang an. Bei dem Neuen lassen sich die Kränkungen aus der anderen Therapie auch gleich viel besser aufarbeiten und man kann über den anderen Therapeuten herziehen, was der doch für ein Idiot sei.
Das alles sorgt dafür, dass Sie steckenbleiben, anstatt Ihre Zukunft gestalten.

5. Verweigern Sie Kommunikation

Ziel: Verlangsamen Sie den Heilungsprozess

Das ist eine beliebte Fortführung der Strategie, den Therapiebeginn möglichst lange hinauszuzögern.

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Reden Sie wenig und wenn, dann kommunizieren Sie durch abweisende Körpersprache. 
  • Zuspätkommen ist z.B. ein probates Mittel, eine missgünstige Stimmung hervorzurufen und die notwendige Zeit, die für Ihr Thema angemessen wäre, künstlich zu verkürzen. 
Solche Verzögerungstaktiken tragen zum Misserfolg bei. Die Schuld am langsamen Fortschreiten können Sie dann dem Therapeuten anlasten.

6. Erwarten Sie, dass Ihr Therpeut sofort springt, wenn Sie ein Anliegen haben

Ziel: Kontrolle gegenüber Veränderungen zu behalten

Alles persönlich nehmen steigert Ihren inneren Groll und bestätigt Ihr Gefühl, dass niemand Ihnen helfen will

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Ihr Therapeut ruft Sie nicht sofort zurück? Sie bekommen erst viel später einen Termin? Vielleicht auch noch zu einer Zeit, in der es Ihnen nicht passt? Seien Sie sich sicher: Das macht der Therapeut nur, weil er Sie schikanieren will oder Sie ihm egal sind.
  •  Therapeuten wollen Ihnen nämlich nicht helfen, sie wollen nur an das Geld. Bleiben Sie auf jeden Fall bei dieser Weltsicht.


Diese Strategien verschlechtern die Beziehung und das Vertrauensverhältnis und damit auch einen der wichtigen Stützpfeiler für Ihre Genesung.

7. Stellen Sie sich als das Opfer regelmäßig und hartnäckig in den Vordergrund

Ziel: um sich selbst kreisen

Bloss nicht eine Lösung ins Auge fassen, auf jeden Fall problemorientiert bleiben.

praktische Vorgehensweise dazu:

  • Stellen Sie ins Zentrum Ihrer Existenz, dass das Leben Sie ungerecht behandelt hat und dass Sie Anspruch auf eine Wiedergutmachung haben. 
  • Diese muss genau nach Ihren Vorstellungen erfolgen, sonst ist alles nichts wert. 
  • Überhaupt, wenn die Lösung Ihrer Probleme nicht genau nach Ihrer Weltsicht erfolgen kann, ist das alles nichts wert. 
  • Legen Sie sich die Haltung zu, Sie haben ja als Versicherte(r) einen Anspruch, dass alles so läuft, wie Sie das wollen. Es ist ja Ihre Versicherung, die zahlt. Also hat der Therapeut sich auch nach Ihnen zu richten. Wenn es nicht über die Versicherung geht und Sie selbst zahlen, empfinden Sie das als Zumutung. Nachdem Sie diese Haltung offen und klar dem Therapeuten demonstriert haben, kehren Sie zur Opferhaltung zurück. Wiederholen Sie dies regelmäßig.
Das alles ist nicht zielführend, sondern dreht endlose Schleifen über die Ungerechtigkeit der Welt. Damit ist sichergestellt, dass eine Lösung Ihres Problems immer weiter in die Ferne rückt.

Und was noch?

Richtige Profis haben noch viel mehr Methoden drauf und sie können beliebig schnell zwischen den einzelnen Strategien switchen. Trainieren Sie diese Fähigkeiten. Sie können sicher sein, damit ein problembehaftetes Leben weiterhin führen zu können.

Satire Ende

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